Werden wir alle Opfer eines großen Verwirrspiels? Sind es gar nicht die Kanadier, die die Aufnahme der privaten Schiedsgerichte in das Freihandelsabkommen CETA haben wollen? Ist es vielmehr die EU-Kommission, die – im Interesse der amerikanischen Wirtschaft – auf den Schiedsgerichten besteht?
Dieser Eindruck entsteht, wenn man die Stellungnahme des EU-Abgeordneten Fabio De Masi auf die folgende Frage, gestellt über abgeordnetenwatch, liest:
„Stimmt es dass Kanada bereit ist die Schiedsgerichte aus CETA rauszunehmen, die EU-Kommission das aber im Interesse der USA ablehnt?“
Hier die Antwort von Fabio Di Masi:
„Nach meiner Kenntnis stimmt dies. Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette hat dies in einem Interview mit der französischen Zeitung Liberation geäußert. Die EU-Kommission hat dem nicht widersprochen. Die Quellen finden Sie unter anderem beim Handelsblatt Autor Norbert Häring.
Zudem ist mir diese Darstellung auch von Kolleginnen und Kollegen des Handelsausschusses INTA des Europäischen Parlaments bestätigt worden. Kanada hat bereits frühzeitig betont, dass es kein gesteigertes Interesse an Schiedsgerichten hat, da Kanada selbst zu den am häufigsten verklagten Staaten zählt. Jedoch wollte Kanada bei Verankerung der Schiedsgerichte (ISDS) im EU-USA Abkommen TTIP keine Benachteiligung erfahren.
Die EU-Kommission hält an den Handelsgerichten (ICS) fest. Eine Rolle könnte m.E. spielen, dass CETA die Blaupause für TTIP ist. Die EU-Kommission garantiert US-Konzernen mit kanadischer Zweigniederlassung so die Nutzung der Paralleljustiz – auch wenn TTIP derzeit auf Eis liegt. (Gleichwohl fordern zahlreiche Europaabgeordnete bereits einen Neustart von TTIP.
Es stimmt ohnehin nicht, dass TTIP oder CETA vor allem auf nordamerikanischen Wunsch forciert werden. Die EU-Kommission hat sich vergleichsweise stärker für die Abkommen engagiert. Die USA etwa richten Ihre Handelsabkommen zunehmend auf den pazifischen Raum aus.
Eine erhebliche Rolle bei den Abkommen spielt, dass die Industrienationen die Interessen „ihrer“ Konzerne im multilateralen Format der Welthandelsorganisation (WTO) kaum noch durchsetzen können, da die Schwellenländer selbstbewusster auftreten.“
Über das Verwirrspiel um die Schiedsgerichte und die daran Beteiligten gibt es eine ganze Reihe lesens- und hörenswerter Beiträge. Zum Beispiel dieser hier auf der Internetseite www.netzfrauen.org, in dem es um die bemerkenswerte Vergabe eines Gutachtens über Schiedsgerichte an einen „Schiedsgerichtler“. Auftraggeber: Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
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