0 Geflügel“produktion“ und Ethik
Gedanken zum Urteil des OVG Münster

Es gab mal eine Zeit, da wurden Betriebe die Märkte und Einzelhandel mit Hühnern, Enten, Gänsen und anderem Geflügel belieferten als Geflügelzüchter bezeichnet. Diese Zeit ist lange vorbei. Heute wird Geflügel produziert und oberstes Ziel ist es, einer tiefstpreisorientierten Kundschaft möglichst viel Fleisch zum kleinst möglichen Preis anzubieten.
Einige Beispiele vom Montag, 23. Mai 2016:
2,5 kg Hähnchenschenkel bei real 5,99 Euro, bei LIDL 1000g Hähnchen-Grillplatte 2,99 Euro und schließlich bei Netto 600 Gramm Hähnchen-Brustfilets  3,19 Euro! Diese Preise haben ihren Preis – und den zahlen die Tiere.
In der vergangenen Woche lieferte das  Oberverwaltungsgericht Münster ein deutliches Beispiel dafür, dass auf der Jagd nach der billigsten Fleischproduktion der Profit über der Ethik steht. Das Urteil erlaubt das Töten (schreddern und ersticken) von Tieren, wenn dafür „ein vernünftiger Grund“ vorliegt. Der vernünftige Grund zum massenhaften Töten männlicher Eintagsküken ist die Tatsache, dass diese keine Eier legen und nur sehr, sehr langsam Fleisch ansetzen. Das Urteil löste eine Welle der „Anteilnahme“ aus und häufig wurde das Urteil als „herbe Niederlage für den Tierschutz“ (NRW-Agrarminister Meyer) kritisiert und wohl jede größere Zeitung beklagte den Sieg des Profits über die Ethik.

In welchem Ausmaß die Bedeutung der wirtschaftlichen Interessen über die Ethik gestellt wird verdeutlicht ein Satz in der Pressemitteilung des OVG Münster ganz besonders:

„Die Tötung der Küken sei daher Teil der Verfahren zur Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und Fleisch.“

Es reichte dem Gericht offensichtlich nicht die Begründung allein auf den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen aufzubauen. Nein, die Tötung der Küken wird durch den zitierten Satz zur unabdingbaren Voraussetzung für die Versorgung der Bevölkerung.

Wie weit die politischen Parteien mit ihren Standpunkten zum Küken schreddern auseinander liegen, das belegen die Aussagen der NRW Umweltministers Johannes Remmel, der meinte:

„Das ist eine herbe Niederlage für den Tierschutz in Deutschland. Klar ist: Die heutige Entscheidung hatte nur rein formaljuristische Gründe und ist damit keineswegs Freibrief für die Praktiken der Geflügelwirtschaft. Das Schreddern und Ersticken von Tieren hat gesellschaftlich und politisch keine Akzeptanz“

und des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) der sagt:

«Mit grüner Schaufensterpolitik erreicht man weder etwas für das Tierwohl, die Küken, noch für unseren Wirtschaftsstandort Deutschland.»

Zwar will Schmidt „alles dafür tun, das Küken-Schreddern mit einer praxistauglichen Alternative 2017 zu beenden“ – eingedenk der Bundestagswahl 2017 steht zu befürchten, dass das Küken schreddern nicht so schnell beendet werden wird.

Die schnellste Änderung im Umgang mit den fasst 50 Millionen Küken die jährlich in Deutschland geschreddert werden würde eine Änderung des Kaufverhaltens der Verbraucher bewirken – weg vom Billigfleisch aus Massentierhaltung!

Abschließend noch einige Auszüge aus einer „Managementempfehlung zur Verminderung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus“ der Firma Horstmann Kohlenweihe:

„Federpicken und Kannibalismus sind Störungen des Verhaltens, die anzeigen, dass die Anpassungsfähigkeit der Hennen an ihre Haltungsbedingungen überfordert war oder ist. Darüber hinaus können sie bei den Opfern Schmerzen und Furcht sowie erhöhte Mortalität verursachen. Federpicken und Kannibalismus stellen also erhebliche Tierschutzprobleme dar, die gleichzeitig durch geringere Legeleistungen der betroffenen Herden und erhöhten Futterverbrauch schlecht befiederter Hennen für die Halter wirtschaftlich relevant sind.“

oder dies:

„Üblicherweise werden derzeit die Probleme mit Federpicken und Kannibalismus vor allem durch Schnabelkürzen und Lichtreduzierung bekämpft. Nach dem TIERSCHUTZGESETZ (2006) kann das Kürzen der Schnäbel bei unter 10 Tage alten Küken erlaubt werden, und diese Erlaubnis wird für die konventionelle Boden- und Freilandhaltung gängig erteilt. Lediglich ökologisch gehaltene Hennen haben mit wenigen Ausnahmen intakte Schnäbel. Schnabelkürzen ist aus Tierschutzsicht problematisch, da es sich um einen schmerzhaften Eingriff handelt, der in manchen Fällen sogar zu chronischen Schmerzen führen kann, wobei die Gefahr hierfür anscheinend umso geringer ist, je milder der Eingriff ist und je früher er stattfindet. Bei dem nach eigenen Beobachtungen in der Praxis oftmals anzutreffenden Ausmaß des Schnabelkupierens kann es darüber hinaus zu weiteren Komplikationen kommen, wie dem Verstopfen der Nasenlöcher mit Futter oder in Einzelfällen der Unfähigkeit, ausreichend Futter aufzunehmen. Während die Hennen für einige Wochen nach dem Kupieren eine verringerte Pickaktivität zeigen, die auf eine höhere Schmerzempfindlichkeit des Schnabels schließen lässt, scheint dieser Effekt mit zunehmendem Alter abzunehmen.“

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