Ein neue Generation von Hochschulabsolventen will gesellschaftliche Probleme lösen. Ein hohes Gehalt ist ihr nicht so wichtig. Vier Geschäftsideen. Von Johannes Pennekamp
Teil 2: Mit Schülern kleine Firmen gründen
Seine Kommilitonen von damals jetten heute als Investmentbanker, Manager oder Unternehmensberater um die Welt. Tim Breker dagegen, der an der noblen Privathochschule WHU in Vallendar BWL studiert hat, sitzt in einem schlichten Kölner Büro. Dem 25-Jährigen geht es nicht darum, möglichst schnell möglichst hohe Boni zu verdienen – mit seinem Ein-Mann-Unternehmen, dem „em-Schülerfirmennetzwerk“, verfolgt Breker andere Ziele: „Ich will aus frustrierten Hauptschülern motivierte Gründer machen.“
Breker war mit Volldampf auf dem Karrierehighway unterwegs – mehrere Praktika in Großunternehmen, beste Zeugnisse, Bachelor mit 22 Jahren. Doch nach seinem Abschluss kam er ins Grübeln: „Ich habe mich zum Beispiel erinnert, wie ich als Jugendlicher in der Fußballmannschaft Freunden aus dem Kosovo oder Polen bei Bewerbungen oder Englischhausaufgaben geholfen habe.“ Ihm sei klargeworden, wie schwer es Leute haben, die keine so gute Bildungsvoraussetzungen haben wie er. Breker heuerte bei der Bildungsorganisation Teach First an und landete als Hilfslehrer an einer Hauptschule. Der Betriebswirt erkannte sofort, was den leistungsschwachen Schülern fehlte: „Wirtschaftliches Denken und das Gefühl, etwas erreichen zu können.“ Um das zu ändern, gründete er mit Schülern eine Firma, kurz darauf verkauften sie in den Pausen Brötchen, Snacks und Getränke. Die Jugendlichen lernten, was es bedeutet, Waren zu ordern, Lieferscheine auszufüllen, Dienstpläne zu koordinieren und Erlöse zu kalkulieren. Ein wichtiger Nebeneffekt: „Sie fühlten sich verantwortlich und haben sich gekümmert.“
Nach seinem Abstecher an die Schule ging Breker mit dem Businessplan seines Sozialunternehmens zur Agentur für Arbeit und beantragte einen Gründerzuschuss. Seitdem reist er zu Hauptschulen, überzeugt Schulleiter von seinem Konzept und gründet mit Acht- bis Zehntklässlern Schülerfirmen. Wer Breker deshalb für einen hoffnungslosen Idealisten hält, der täuscht sich. Breker tickt wie ein Manager: An jedem Brötchen, das über den Tresen geht, verdient er ein paar Cent mit, bis Mitte 2013 soll sein Unternehmen auf eigenen Füßen stehen. Und eine Crowdfunding-Kampagne soll einen fünfstelligen Betrag in die Kassen spülen. Ist er neidisch auf die gut verdienenden Kommilitonen? „Ein paar Jahre mache ich das hier jetzt erst mal“, sagt Brecker, „irgendwann gehe ich bestimmt mal in die Wirtschaft, um ein bisschen mehr Kohle zu verdienen.“
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