Deutsche Bank stoppt Streubomben-Finanzierung – so lautete die Überschrift über einem Beitrag, den wir am 10. Juni 2011 veröffentlichten. Er basierte auf einem Bericht über die Hauptversammlung der Deutschen Bank, auf der es zu einer Begegnung zwischen Josef Ackermann und Branislav Kapetanovic kam. Herr Kaptanovic ist ein ehemaliger Minensucher, der im November 2000 durch die Explosion einer Streubombe Arme und Beine verlor.
Der Eindruck dieser Begegnung veranlasste Josef Ackermann zur folgenden Aussage: „Wir werden ernsthaft prüfen, aus der Finanzierung von Mischkonzernen, die Streumunition herstellen, auszusteigen. Ich bin zuversichtlich, dass wir Ihrem Antrag folgen werden“.
Es scheint, als ob Ernsthaftigkeit und Zuversicht nicht von Bestand waren. Laut Facing Finance vergab die Deutsche Bank bereits Anfang Februar 2012 einen Kredit in Höhe von 47,5 Millionen Euro an die US-Firma L-3. Angeblich will L-3 sich aus dem Streubombengeschäft zurückziehen – allein es fehlt der Beweis.
Der Slogan der Deutschen Bank heißt: „Leistung aus Leidenschaft“. Wenn es um die Finanzierung von Streumunitionsherstellern oder die Beteiligung an Lebensmittelspekulationen geht, dann müsste dieser Slogan wohl umformuliert werden in: „Leistung, die Leiden schafft“, denn anders können die Folgen der genannten Engagements nicht beurteilt werden.
Die Homepage der Deutschen Bank bietet sechs Rubriken an, den größten Raum nimmt davon die Rubrik „Gesellschaftliche Verantwortung“ ein und die Rubrik ihrerseits bietet erneut sieben Unterrubriken. Da finden sich dann viele wohl klingende Sätze:
Deutsche Bank Stiftung:
„Dabei stehen Vorhaben im Fokus, die die Förderaspekte miteinander verbinden und vor allem jungen Menschen helfen, ihre Potenziale zu erkennen und zu nutzen.“
„Im Vordergrund stehen Projekte, die die beruflichen Perspektiven sozial benachteiligter und behinderter junger Menschen erweitern.“
Sätze, über die sich besonders die Jugendlichen freuen werden, die Opfer einer Streubombe geworden sind.
Deutsche Bank Afrika Stiftung:
„Hiervon profitieren insbesondere Waisen und andere benachteiligte Kinder.“
Viele davon dürften in Mosambik, einem der am stärksten verminten Länder Afrikas leben. Ob die Stiftungsmittel sie erreichen?
Auch die Rubrik Menschen- und Arbeitnehmerrechte bietet einige nachdenkenswerte Sätze vor dem Hintergrund der Lebensmittelspekulation und der Streumunitionshersteller-Finanzierung:
„2010 haben wir eine Initiative ins Leben gerufen, mit der wir das Bewusstsein der Mitarbeiter für die Bedeutung der Menschenrechte schärfen wollen. Außerdem haben wir untersucht, wie sich unsere Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte auswirkt, und Richtlinien und Instrumente etwa im Bereich des Risikomanagements geprüft. 2011 haben wir diese Arbeiten fortgesetzt und die Richtlinien, soweit notwendig, überarbeitet.“
Gleiches gilt, wie wir meinen, nicht frei von Zynismus, für das Engagement der Deutschen Bank in dem Projekt „Deutschland – Land der Ideen“ und dort dem Projekt wheelmap.org – Onlineverzeichnis für rollstuhlgerechte Orte . Erst finanzieren sie die, die die Waffen herstellen, die die Menschen in den Rollstuhl bringen und dann schaffen sie die barrierefreie Umwelt für die Rollis.
Wie steht es nun, nach dieser Gegenüberstellung, um den Ethikkatalog der Deutschen Bank?
Wie glaubwürdig sind die Bekenntnisse zu Menschenrechten und sozialer Verantwortung, solange die Finanzierung von Streumunition und die Spekulation mit Lebensmitteln zum Tagesgeschäft der Bank gehört?
Fragen zur Politik der Deutschen Bank, die Herrn Ackermann vermutlich nur noch peripher interessieren und nun an seine Nachfolger gestellt werden müssen. Und auch die Politik ist gefragt. Dürfen die Milliarden der Steuerzahler ohne deren Zustimmung für derlei Geschäfte verwendet werden?
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