0 Von Amerika lernen:
So arbeitet die Plastiktütenlobby in USA

Warum es wichtig gewesen wäre, die EU-Bürgerkonsultation in allen Sprachen zu veröffentlichen!

Mit dem Enddatum 09.08.2011 endete eine europaweite Bürgerbefragung zum Thema “Beratung über Möglichkeiten, den Gebrauch von Plastiktüten zu reduzieren und Möglichkeiten, die Anforderungen an die biologische Abbaubarkeit der in Richtlinie 94/62/EC genannten Verpackungen und Verpackungsmüll und die Kennzeichnung von biologisch abbaubaren Produkten für die Verbraucher.”

So ungelenk wie der Titel der Bürgerkonsultation, so wenig konsequent war die Umsetzung. Anstatt den zur Befragung gehörenden Fragebogen in den Sprachen aller Mitgliedsländer zu veröffentlichen und so wirklich allen Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, den Fragebogen qualifiziert zu beantworten, wurde der Fragebogen nur in englischer Sprache angeboten.

Unsere Anfrage bei der Generaldirektion Umwelt der EU wurde auf eine Art beantwortet, die nur als schlechter Witz oder als gezielte Vermeidungsstrategie verstanden werden kann.

Uns wurde u.a. gesagt

„Dennoch möchten wir unterstreichen, dass alle Bürger und Organisationen in der Europäischen Gemeinschaft das Recht haben, sich in ihrer Muttersprache an die Kommission zu wenden. Die Dienststellen der Kommission sind verpflichtet, jedwede Korrespondenz sowie Beiträge ohne Diskriminierung entgegenzunehmen und zu bearbeiten.“

Dies als Antwort auf den Hinweis, dass vermutlich nicht alle EU-Bürger die englische Sprache so gut beherrschen, dass es ihnen möglich wäre einen – nach dem Urteil von professionellen Übersetzern – mittelschweren englischsprachigen Fragebogen zu verstehen.

Warum diese lange Einleitung? Warum erneut Aufregung zu einem Thema, das erledigt scheint?

Einem Bericht des US-Blogs CALIFORNIAWATCH zu Folge, hat die amerikanische Plastiklobby auf öffentliche Kritik und Berichte über zunehmende Umweltverschmutzung durch Plastikabfälle mit einer Offensive der besonderen Art reagiert:

Auf den massiven Druck des American Chemistry Council, einem wichtigen Lobbyverband der Kunststoffindustrie, hat die Schulbehörde von Kalifornien einen neuen Umweltleitfaden herausgegeben, der u.a. positive Berichte und Interviews über Plastikeinkaufstaschen enthält.

Die Veröffentlichung der überarbeiteten Textbücher und des Lehrmaterials fiel „zufällig“ zusammen mit einer landesweiten PR-Aktion gegen ein öffentlich diskutiertes Verbot von Plastiktragetaschen.

Bereits im Jahr 2009 hat ein von der kalifornischen Schulbehörde beauftragter Berater in einem Textbuch für Lehrer ein neues Kapitel eingefügt, mit dem Schüler unter anderem nach einigen Vorteilen von Plastiktragetaschen gefragt werden sollen. Abgesehen davon, dass einige Passagen wortwörtlich aus Unterlagen der chemischen Industrie entnommen scheinen, lautet z.B. eine Antwort auf die Frage nach den Vorteilen: „Plastiktragetaschen sind bequem im Gebrauch und es bedarf zu ihrer Herstellung weniger Energie als zur Herstellung von Papiertüten, verursachen weniger Transportkosten und können wieder verwendet werden.“

Das Beispiel zeigt, wie einflussreich die sogenannten Pressure Groups  sind und welche Möglichkeiten sie haben (und auch ohne jedes Zögern nutzen), um ihre Interessen durchzusetzen.

Nicht viel anders ist die Situation in Europa. Auch hier versuchen die Interessengruppen der Wirtschaft ihren großen Einfluss hinter den Kulissen der Politik geltend zu machen und ihre Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen.
So heißt es z.B. im Zusammenhang mit der Verhinderung der Ampelkennzeichnung bei Lebensmitteln, dass die Industrie dafür eine Milliarde Euro aufgewendet hat.

Leider entsteht durch die Art und Weise, wie sowohl die zuständigen deutschen Stellen (Bundesumweltamt und Bundesministerium für Umwelt) als auch die Generaldirektion Umwelt der EU mit der Bürgerkonsultation umgegangen sind, der Eindruck, dass eine gleichberechtigte Diskussion zwischen Industrie und Bürgern nicht wirklich gewollt war.
Da das aber (hoffentlich) nicht der Wunsch der gewählten Volksvertreter sein kann, bleibt die Frage:

Wem verdanken es die nicht englischsprachigen Bürger, dass sie nicht an der EU-Bürgerkonsultation teilnehmen konnten?

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