Was Greenpeace beim Umweltschutz ist, das soll Finance Watch für die Finanzmarktregulierung werden. Unterstützt von Organisationen wie EuroInvestors, dem europäischen Gewerkschaftsverband ETUC oder Oxfam und unter der Mitwirkung von unabhängigen Finanzmarktspezialisten wie Marc Chesney (Professor für Finanzwesen an der Universität Zürich), Jan Kregel (Professor für Finanzwesen und Entwicklung und ehemaliges Mitglied der Expertenkommission des Vorsitzenden der UN-Vollversammlung) oder Prof. em. Dr. Manfred Nitsch (Volkswirtschaftler und Fachmann für Politökonomie) will Finance Watch den Einfluss der Bankenlobby brechen.
Unter dem Motto „Für eine Finanzindustrie, die der Gesellschaft dient!“ fand am 30. Juni 2011 die Gründungsversammlung der internationalen Organisation Finance Watch statt. „Finance Watch wird der Finanzindustrie genau auf die Finger schauen und die Gesetzgebung in Finanzfragen kritisch begleiten“, erklärte der SPD-Europageordnete Udo Bullmann.
Wie der Finance Watch-Mitbegründer Sven Giegold (Mitglied der Grünen-Fraktion im Europaparlament und Ex-attac-Koordinator) gegenüber der Presse erklärte, war die Arbeit von Greenpeace wichtiges Vorbild für ihn und seine Mitstreiter. Begonnen hat es mit einem Hilferuf der EU-Parlamentarier im Jahr 2010. In einem fraktionsübergreifenden Aufruf zeigten sich die Parlamentsmitglieder besorgt über den Einfluss der Bankenlobby, die regelmäßig Gespräche mit den Parlamentariern führe. „Das Ungleichgewicht zwischen dieser Lobby und der Mangel an Gegen-Expertise erscheint uns eine Gefahr für die Demokratie“, mahnten die Abgeordneten damals.
Seit dem Beginn der Finanzkrise bis heute suchen Politiker nach Lösungen und zukunftswirksamen Mechanismen zur Bewältigung der weltweiten Verwerfungen in Volkswirtschaften und Sozialsystemen. Bei ihrer Suche nach Expertise treffen sie fast ausschließlich auf die Vertreter der Banken, denn nur dort sitzt das Expertenwissen. Fehlanzeige also für jede Form von unabhängiger Analyse und interessenfreiem Rat.
Das soll jetzt anders werden.
Finance Watch ist die Idee von Pascal Canfin (Europaabgeordneter der Grünen Frankreichs) und soll durch die Aktivierung von Organisationen und vor allem durch die Mobilisierung der Zivilgesellschaft ein Gegengewicht zur unverändert mächtigen Bankenlobby schaffen. Weil „Die Komplexität der Finanzprodukte … heute noch genauso von den Bankern genutzt und ausgenutzt (wird), um einer realen Regulation ihrer Aktivitäten zu entkommen.“, sagt Canfin weiter: „Dieser Teufelskreis muss dringend durchbrochen werden“.
Ein Beispiel für den Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt, sind die zur Verfügung stehenden Mittel. Während man der Finanzlobby in Brüssel ungefähr 700 Leute zuspricht und ein Budget von ca. 350 Millionen Euro pro Jahr, arbeitet Finance Watch derzeit mit ca. 20 Personen und verfügt über ein Budget von zwei Millionen.
Thierry Philipponnat, frisch gekürter Generalsekretär, erwidert in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau auf die Frage, ob der Kampf gegen die Bankenlobby nicht der Kampf eines Davids gegen einen Goliath sei: „Wir mögen den Vergleich, weil David Goliath ja besiegt hat.“
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