Investoren als Klimaschützer
02. Mai 2008 | von Dieter Klemke | Kategorie: WirtschaftWenn es um Emissionsmengen und Klimarisiken geht, sind Unternehmen oft nicht besonders auskunftsfreudig. Kommt die Anfrage allerdings vom Carbone Disclosure Project, können sie sich kaum verweigern. Denn hinter der Initiative stehen fast 400 institutionelle Anleger mit einem Gesamtvermögen von mehr als 57 Billionen Dollar. Ihr Ziel: Mehr Transparenz bei der Klimabilanz von Unternehmen.
Als Toyota sich für eine energiesparende Hybrid-Technologie entschied, war das der Anfang einer Erfolgsgeschichte. Der japanische Autobauer feierte Rekordgewinne, der Aktienkurs stieg und für eine kostenlose Werbung sorgte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, als sie im vergangenen Jahr die Menschen aufforderte: „Leute, kauft Hybrid-Autos von Toyota!“ Der weitsichtige Autohersteller hatte demonstriert wie man sich in Zeiten des Klimawandels mit einem schadstoffarmen Auto einen Marktvorteil verschafft.
Der Klimawandel birgt aber nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Investoren sowohl Chancen als auch Risiken. Doch wer unternehmensrelevante Gefahren des Klimawandels in seine Anlageentscheidungen einbeziehen will, braucht zusätzliche Informationen: Welche Umweltstrategie wird vom Management verfolgt? Wie ist ein Unternehmen auf sich möglicherweise verschärfende Umweltgesetze vorbereitet? Und welchen Einfluss auf das Geschäft können extreme Wetterereignisse, steigende Temperaturen oder der Anstieg des Meeresspiegels haben?
Investoren fordern mehr Transparenz
Das Carbon Disclosure Project (CDP), eine von Investoren gegründete Initiative, will diese Informationslücke zumindest teilweise schließen. „Disclosure“ heißt so viel wie „Offenlegung“. Das CDP hat einen Fragebogen für Unternehmen zu Emissionsmengen, Klimarisiken und Umweltstrategien entwickelt. Die Teilnahme an der Befragung ist für die Unternehmen zwar formal freiwillig, doch das CDP hat genug Macht, um die Konzerne faktisch zu einer Antwort zu zwingen. Denn die Investoren kontrollieren insgesamt ein Vermögen von mehr als 57 Billionen US-Dollar und sind häufig die größten Anteilseigner der Unternehmen.
Da es bis heute keine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung von Treibhausgas-Emissionen gibt, ist die Datenbank des CDP das weltweit größte Emissionsregister. Seit der Gründung ist das Projekt beachtlich gewachsen. Vor acht Jahren von 32 Großanlegern in London ins Leben gerufen, wird es heute von 385 institutionellen Investoren unterstützt. Dieses Jahr wurden im Rahmen der sechsten internationalen CDP-Umfrage weltweit die 3000 größten Unternehmen befragt.
In Deutschland wird die Initiative vom WWF und dem Bundesverband für Investment und Asset Management (BVI) unterstützt. 2007 haben sie die 200 größten deutschen Unternehmen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels befragt. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Unternehmen das Risiko im Vergleich zum Vorjahr höher einschätzen, insgesamt aber optimistisch sind. So betrachten 80 Prozent der Firmen den Klimawandel auch als Chance. Vor allem in der Herstellung von Produkten mit geringerem Energieverbrauch sehen sie aussichtsreiche Geschäftsmöglichkeiten.
Macht der Finanzmärkte nutzen
Von den vom CDP erhobenen Informationen profitieren nicht nur Anleger. Auch die Unternehmen werden durch die „erzwungenen“ Messungen häufig auf Einsparmöglichkeiten aufmerksam und können so Kosten reduzieren. Ein besonders anschauliches Beispiel ist der amerikanische Einzelwarenhändler Wal Mart. Drei Jahre lang ignorierte er den Fragebogen. Als der Konzern ihn dann schließlich doch beantwortete, stellte er überrascht fest, dass von seinen Kühlschränken mehr Emissionen ausgingen als von seiner gesamten Lieferwagen-Flotte.
„Die einzige Möglichkeit, den Klimawandel anzupacken, ist die Macht der Finanzmärkte auf seiner Seite zu haben “, glaubt der Koordinator des CDP, Paul Dickinson. Zum ersten Mal wird er dieses Jahr auch Fragebögen nach China verschicken – dem nach den USA weltweit größten CO2-Verursacher. Er hofft auf diese Weise einen Dialog mit den hundert größten chinesischen Unternehmen anzustoßen zu können. Vielleicht gelingt den Investoren mir ihren Billionen so tatsächlich, woran die Politiker sich bislang vergeblich die Zähne ausgebissen haben.
Mehr Informationen zum Projekt sind auf der Homepage des CDP abrufbar
red/fr