
Quelle: blogspot Foto: Thommy77
“Beratung über Möglichkeiten, den Gebrauch von Plastiktüten zu reduzieren und Möglichkeiten, die Anforderungen an die biologische Abbaubarkeit der in Richtlinie 94/62/EC genannten Verpackungen und Verpackungsmüll und die Kennzeichnung von biologisch abbaubaren Produkten für die Verbraucher.” Mit dieser wenig spektakulären Überschrift beschreibt die EU-Kommission eine Aktion, deren mögliche Folgen die Verpackungslobbyisten in ganz Europa in helle Aufregung versetzen dürfte.
Diskutiert wird nicht mehr und nicht weniger als ein Verbot von Plastiktüten.
Zum Buergerfragebogen der EU-Kommission (offen bis zum 09.08.2011)
Googelt man “Plastikmüll in der Nordsee”, erscheinen Überschriften wie “In der Nordsee verenden Vögel am Plastikmüll” oder “Über eine Million Tiere sterben jährlich an Plastikmüll im Meer” oder “20.000 Tonnen Plastikmüll landen jährlich in der Nordsee” und genauso schlimm wie die Schlagzeilen für die “kleine” Nordsee sich lesen, geht es für die Ozeane weiter! “Der Plastikteppich im Pazifischen Ozean wächst seit 60 Jahren unbeachtet und ist nach Einschätzung von Wissenschaftlern doppelt so groß wie der US-Bundesstaat Texas” hieß es in einem Bericht über Müll im Meer bei 3sat nano im Februar 2010.
Zum Buergerfragebogen der EU-Kommission
Ist es eine Kostenfrage oder bereits ein erster Service an die Industrielobby, dass die Beschreibung der Konsultation nur in englischer Sprache erhältlich ist (Linkschritte: http://europa.eu/news/environment/index_de.htm – hinter diesem Link verbirgt sich die deutschsprachige Seite zum Thema Umwelt, Verbraucher und Gesundheit. Auf dieser Seite wird in der Rubrik Umwelt unter der Überschrift Online-Konsultation: Gebrauch von Plastiktüten verringern ein weiterer Link angeboten. Klickt man diesen, gelangt man auf die Seite mit den Klauseln der Konsultation und es wird englisch gesprochen! Und auch die folgenden Seiten, auf denen zur Teilnahme an der Konsultation eingeladen wird, sind, konsequenter Weise, in englischer Sprache gehalten.
Auch die Internetseite http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/9962_de.htm (Europäische Kommission Die EU in Deutschland) eröffnet mit einem starken Aufmacher in deutscher Sprache: “Weg mit dem Müll: Konsultation zu Plastiktüten” und sagt zum Schluss des Beitrags: Die Konsultation läuft bis August 2011 und ist hier zugänglich. Auf der folgenden Seite http://ec.europa.eu/yourvoice/consultations/index_de.htm heißt es dann – auf Deutsch(!): Laufende Konsultationen u.a. “Konsultation zu Möglichkeiten, die Verwendung von Plastiktragetaschen zu reduzieren und die Anforderungen für biologische Abbaubarkeit zu verbessern” Weitere Informationen (anklicken) en (=englisch).
Offensiv klingende Schlagzeilen wie “EU-weites Verbot für Plastiktüten?” (“Focus“) oder “EU sagt der Plastiktüte den Kampf an” (“heute.de“), klingen zwar, als würde es ernst mit dem Willen, die Umwelt zu entlasten.
Was da wohl das deutsche Bundesumweltamt sagt? Schließlich war man dort noch im März 2008 der Überzeugung, dass ein Verbot nicht nötig sei.
Aber bereits die Äußerungen des umweltpolitischen Sprechers der FDP in Brüssel zeigen, aus welcher Richtung der Wind wirklich wehen wird, wenn es an die Auswertung der Konsultationsbögen gehen wird. Holger Krahmer sagt nämlich: “Verbote sind eindeutig das Lieblingsspielzeug der Kommission – jetzt kommen Plastiktüten dran. Wie immer geht es bei diesem Plan mehr um Ökopopulismus als um sinnvolle Gesetzgebung. Plastikmüll ist zwar tatsächlich ein weltweites Problem, ob das Verbot der Plastiktüte in Europa daran etwas ändert, muss jedoch aus mehreren Gründen bezweifelt werden: Die Tüten machen nur ein kleinen Teil des weltweit anfallenden Plastikmülls aus.”
Und für die Alternativen zur Plastiktüte hat er auch gleich einen Dämpfer parat: “Die Herstellung von Bio-Kunststofftüten aus Maisstärke beansprucht Agrarfläche und der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden steigt. Ein Verbot in Europa, wo die Entsorgung von Müll vergleichsweise gut organisiert ist, dürfte die wilde Entsorgung, zum Beispiel auf hoher See, kaum beeinflussen.”
Um herauszufinden, wie ernst es unsere Politiker mit einem Angriff auf den Plastikmüll wirklich meinen, muss eine größtmögliche Zahl von Bürgern für die Beantwortung der Fragebogen der Konsultation bewegt werden. Nur wenn sich Millionen von Menschen in Europa für ein EU-weites Verbot von Plastiktragetaschen aussprechen, wird dies ein Gegengewicht zu den zu erwartenden Argumenten der Industrielobbyisten sein.
Um die Lebensmittelampel abzulehnen, hat die Industrielobby nach Expertenschätzungen ca. 1 Milliarde Euro aufgewendet. Soviel ist diesmal nicht nötig, denn es gibt die Konsultation.
Die Redaktion der Bürgerlobby wird bis zum 09.08.2011 alles tun, um der Konsultation, dem ersten großen und europaweiten Versuch einer konsequenten Änderung der Konsumgewohnheiten zu Gunsten der Umwelt zum größtmöglichen Erfolg, dem Verbot von Plastiktüten, zu verhelfen.
Links zum Thema:
Die Konsultation zum Bürgerfragebogen der EU-Kommission
Marin Debris Internetseite der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) zum Müll in den Meeren
10 Dinge die Sie über Müll im Meer wissen müssen
Ökopopulismus – Brüssel will Plastiktüten verbieten EurActiv.de
Riesiges Feld aus Plastikmüll im Atlantik entdeckt Weltonline
San Francisco kämpfe gegen Plastiktüten you tube
Plastiktüten Utopia (man mag von ihnen halten was man will)
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