
Quelle:photocase; Foto: Trophy123
Diese einfache Gleichung scheint sich das BP-Management inzwischen zu eigen zu machen, wenn es um die Beurteilung der Situation im Golf von Mexico geht, wo es vor einigen Tagen endlich gelungen ist, das Leck in der Ölleitung endgültig zu verschließen. Der wundersame, fast unglaubliche Erfolg soll auf die schnelle und gründliche Arbeit von Mikroben zurückzuführen sein. Zum Beleg dafür wird eine Studie angeführt, die von Wissenschaftlern der Universität von Berkeley, Kalifornien, erarbeitet und im Wissensmagazin science veröffentlicht wurde. Die Richtigkeit der Studie wird jedoch von unterschiedlichsten Stellen angezweifelt.
So berichtet z.B. die Huffington Post am 22. September unter der Überschrift „The University of California’s BP Problem“ von einer Spende der BP in Höhe von 500 Millionen Dollar (diese Spende erfolgte bereits im Jahr 2007) und stellt in diesem Zusammenhang die Frage, ob „eine so große Spende die Objektivität und Neutralität der Universität unterminiert und der Reputation der Uni abträglich sein könnte“.
Der Studie von Berkeley steht eine Studie der Texas A&M Universität entgegen, die zwar auch Mikroben als „Ölzersetzer“ anerkennt, allerdings stark bezweifelt, dass dieser Ölverzehr folgenlos bleibt. Im Gegensatz zu Berkeley sehen die Texaner ein großes Problem im erhöhten Sauerstoffbedarf der Bakterien während des Öldiners. Was genau jetzt im Augenblick passiert, weiß niemand genau. Die zitierten Studien sind bereits 3 Monate alt.
Zweifel an einer derart gelungenen Ölvernichtung melden auch die Forscher des WAVCIS-Beobachtungsnetzwerks an, deren Messsonden nach wie vor große Ölmengen im Golf von Mexico ausmachen. Direktor Gregory Stone sagt dazu: „Es ist definitiv noch da. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass es wieder von sich reden macht.“ Sehr ausführlich beschreibt das Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie auf seiner Homepage die Möglichkeiten des Abbaus von Erdöl durch Bakterien.
Um dem andauernden Hick-Hack um die Richtigkeit von Studien ein Ende zu setzen, hat die Obama-Administration in diesen Tagen einen Arbeitskreis aus Top-Wissenschaftlern einberufen, dessen Aufgabe für die nächsten Monate es ist, möglichst genau die im Golf von Mexico verbliebene Ölmenge zu erfassen. Wie schwer sich diese Aufgabe gestalten dürfte, ist schon daran zu erkennen, dass man weiß, dass die verbliebenen Ölfahnen sich in Form und Ausdehnung täglich verändern und auch deren Lage im Meer sich verschiebt.
Alle seriösen Berichte über die aktuelle Lage im Golf von Mexico lassen nur einen Rückschluss zu: Die wahren Auswirkungen des Öldesasters von Deepwater Horizon werden erst in einigen Jahren zu übersehen sein. Deshalb sollte man Schlagzeilen wie „Neu entdeckte Mikroben haben große Mengen Öl gefressen“ oder „Studie: Mikroben haben Ölschwaden im Golf von Mexico vernichtet“ mit deutlichen Vorbehalten begegnen. Noch immer sind 900 km Küste verschmutzt, noch immer sind 27.000 Helfer und 2.700 Schiffe im Einsatz, um die Ölreste zu bekämpfen. Unklar ist immer noch, wie stark die Nahrungskette im Golf von Mexiko belastet ist. Wie von MDR-Info gemeldet, steht ein Großteil der amerikanischen Meereswissenschaftler bei BP unter Vertrag. Das macht es schwierig, Aussagen über die noch vorhandenen Restmengen des Öls zu erhalten. Fast in Vergessenheit geraten sind die Millionen Liter Corexit, einer Chemikalie zur Bekämpfung von Ölteppichen, von der mehrere hunderttausend Liter erstmalig auch unter Wasser eingesetzt wurden und der nachgesagt wird, hochtoxisch zu sein.
Trotz all dieser Zweifel und Unklarheiten gibt es immer noch kein eindeutiges Verbot für Tiefseebohrungen. Trotzdem will BP nach wie vor die Bohrung vor der Libyschen Küste beginnen und damit die „Deepwater-Horizon-Risiken“ vor die Tore Europas bringen.
Mit dem finalen Verschluss des Bohrlochs im Golf von Mexico wächst die Gefahr, dass die Aufmerksamkeit der Welt sich von dieser Region abwendet und nur noch wenig Informationen über die weiteren Folgen der Meeresverseuchung prominent in den Nachrichten erscheinen. Damit wächst auch das Risiko, dass die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nachlässt und weitere Tiefseebohrungen ohne große Widerstände auch in Europa gesetzt werden können.
Es gilt also weiterhin, aufmerksam zu bleiben und das Thema im Fokus der Öffentlichkeit zu halten.
BP heißt in Deutschland Aral!
Wenn das BP-Management zum Nachdenken über einen Kurswechsel bei der Ölförderung gezwungen werden soll, wird das am schnellsten gelingen, wenn die Aral-Tankstellen in Deutschland deutlich spürbare Umsatzrückgänge verzeichnen müssen.
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