Nachhaltige Werte – bei C&A Tradition
Foto: Ulrich Glauber/GL
Mit dem Markennamen C&A haben die Brenninkmeijers seit der Gründung ihres „Fetzentandler“-Imperiums im Jahr 1841 ein riesiges Vermögen gemacht. Familienmitglied Marcel Egmond Brenninkmeijer hat die Initialen der Ahnen Clemens und August, die der Dynastie Milliarden eingebracht haben, inzwischen durch das drei P-Prinzip (people-planet-profit) ersetzt. Der knapp 50-jährige will mit seiner Firma Good Energies Investment (GEI) nicht nur Geld verdienen, sondern auch umweltgerecht und human verantwortlich investieren.
„Power for a Better World“
Einen eingefleischten Grünen würde man in einer der Anlagefirmen im Schweizer Zug vielleicht nicht gerade vermuten. Doch auch im eidgenössischen Steuerparadies sind inzwischen Töne zu hören, wie man sie bisher eher von Bundesversammlungen der Alternativen kannte. „Das Wachstum kann nicht im alten Stil weitergehen, sonst fallen irgendwann alle tot um“, postuliert Marcel Brenninkmeijer. „Die fossilen Brennstoffe müssen weg, die erneuerbaren Energien müssen kommen.“ Unter dem anspruchsvollen Motto „Power for a Better World“ (Energie für eine bessere Welt) führt der Erbe des Bekleidungsimperiums die GEI, die unter dem Dach der Brenninkmeijer-Holding COFRA die Produktion alternativer Energien mit Großinvestitionen ankurbelt.
Nicht kleckern, sondern klotzen
Als Mitglied einer der reichsten Familien des europäischen Geldadels, die ihr Vermögen sonst nach dem Motto Kleider machen Leute verdienen, kann Marcel Brenninkmeijer aus dem Vollen schöpfen. „Wir verfügen über rund 350 Millionen Euro pro Jahr, um neu zu investieren“, hat der GEI-Chairman (vergleichbar dem deutschen Aufsichtsratsvorsitzenden) im vergangenen Sommer im Interview mit der Online-Redaktion des Spiegel verraten. Zunächst steckte GEI vor allem in West- und Zentraleuropa, den USA wie auch Kanada Kapital in Unternehmen mit außergewöhnlichen Wachstumschancen in den Branchen Solarenergie, Windenergie, Energiespeichersysteme und Gebäudetechnik. Inzwischen verfolgt GEI mit fünf Büros in Zug, London, Toronto, New York und Washington eine Strategie weltweiten Wachstums. „Wir haben auch zwei Solarinvestments in China – kleine zwar, aber wir haben einen Fuß in der Tür“, sagt Brenninkmeijer.
Vorstandschef von Goldman Sachs abgeworben
Viele der 40 Mitarbeiter von Good Energies sind anerkannte Kapazitäten in den kommenden Schlüssel-Technologien. Als CEO – also etwa in der Funktion eines deutschen Vorstandchefs – fungiert bei GEI inzwischen der US-Amerikaner Richard L. Kauffman, der zuvor als Partner die Global Financing Group der New Yorker Investmentriesen Goldman Sachs führte. Dass es keineswegs um reinen Idealismus geht, beweist eine eindrucksvolle Zahl: Die Marktkapitalisierung des Portfolios der 2001 gegründeten Brenninkmeijer-Firma beträgt inzwischen annähernd vier Milliarden Euro.
Der C&A-ClanDie Brenninkmeijer-Dynastie verdankt ihren Reichtum der Eröffnung des ersten C&A-Textillagers 1841 im holländischen Sneek unweit von Groningen. Heute hat der Clan mehrere hundert Mitglieder. Gegenwärtig gibt es nach Angaben des Unternehmens in Europa 931 Filialen. In den nächsten drei Jahren will C&A rund 650 Millionen Euro investieren und das Firmennetz auf 1450 Kaufhäuser ausbauen.
Kein Resultat einer Midlife-Crisis
„Nach und nach“ sei die Idee zur Gründung von Good Energies gereift, sagte Brenninkmeijer im Gespräch mit Spiegel-Online. „Ich habe auf Einkaufsreisen für C&A einige der am schlimmsten verschmutzten Städte der Welt gesehen“, erinnert sich der knapp 50-jährige. Damals sei ihm klar geworden, dass sich etwas ändern muss. „Es war eine positive Umorientierung“, so der ehemalige Manager, der ursprünglich unter anderem für die Schweizer C&A-Filialen zuständig war. Ende der neunziger Jahre hörte er im Bekleidungsgeschäft auf und studierte ein Jahr unter anderem an der berühmten Harvard-Universität. „Im Jahr 2000 war mir klar: Ich wollte wenigstens einen Minibeitrag zur Energiewende leisten“, erklärt Brenninkmeijer. „Es war keine Krise. Wenn man über 40 ist, glücklich verheiratet, mit Kindern, werden andere Dinge wichtig. Geld spielt eine untergeordnete Rolle.“
Unterstützung durch Familie
Dabei sieht sich Marcel Brenninkmeijer immer noch als Verfechter von C&A-Traditionen: „Die wichtigen Werte sind langfristige – was man heute Nachhaltigkeit nennt. Das sind keine originellen Ideen von mir – aber ich habe sie mir auf die Fahne geschrieben, weil sie zu unseren Werten als Familienunternehmen passen.“ Der Clan habe ihn von Beginn an unterstützt – auch bei Rückschlägen. „Mein allererstes Investment ging gründlich daneben. Bei SAM Smart Energies haben wir 75 % des Einsatzes verloren“, nennt Brenninkmeijer ein Beispiel. „Damals sagte mir ein Vetter: Hab keine schlaflosen Nächte deswegen.“
Solar-Erfolg in Ost-Deutschland
Doch bald stellten sich mit dem norwegischen Silizium- und Waferhersteller REC die ersten Erfolge ein. Inzwischen besitzt Good Energies fast die Hälfte des deutschen Solarzellenherstellers Q-Cells. Das Unternehmen in Bitterfeld (Sachsen-Anhalt) war 1999 von vier bodenständigen Idealisten gegründet worden und brauchte 2001 Geld für einen zweiten Ausbauschritt. Ein Millionen-Investment von Good Energies wuchs in wenigen Jahren zu einer Milliardenbeteiligung. Q-Cells ist mittlerweile in der Photovoltaik-Technologie der zweitgrößte Solarzellenhersteller der Welt.
Öko-InvestorenAlternative Energien sind längst nicht mehr nur ein Thema für Müslis in selbst gestrickten Pullovern, sondern auch für Großinvestoren:
- Wella-Erbe Immo Ströher steckte nach dem Verkauf des Kosmetikkonzerns an Procter & Gamble für fünf Milliarden Euro einen Teil des Kapitals in erneuerbare Energien – unter anderem als GEI-Partner bei Q-Cells.
- Schraubenkönig Reinhold Würth (7,74 Milliarden Euro Umsatz) präsentierte im Herbst 2006 die «weltweit erste Großserienproduktion von siliziumfreien Solarmodulen» in einer für 55 Millionen Euro aus dem Boden gestampften Fabrik in Schwäbisch-Hall.
- Auf Photovoltaik und Erdwärme baut der Schweizer Kunststoffgigant Rehau aus Muri bei Bern (3,5 Milliarden Franken Umsatz).
Quelle: Wirtschaftsmagazin Bilanz (Zürich)
„Solarenergie setzt sich durch“
Von Einwänden, die Solarenergie sei nur durch hohe Subventionen konkurrenzfähig, will Brenninkmeijer nichts wissen. Im Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) schwärmte der Alternativ-Investor im vergangenen Herbst von den neuen Möglichkeiten durch regenerative Energien. Dank Energiespeichersystemen, die mit Sonnen- und Windenergie Eis produzieren, könnten in Kalifornien bereits Klimaanlagen gekühlt werden. „In den ersten Ländern wird Solarstrom schon in fünf bis zehn Jahren wettbewerbsfähig sein. Er wird dann zu Spitzenzeiten so teuer sein wie andere Arten von Strom“, ist Brenninkmeijer überzeugt. „Die Lernkurve der Branche hört ja nicht auf. In 50 Jahren ist Solarenergie der billigste Strom, den Sie kriegen können.“
Mittel zur Armutsbekämpfung
Nicht immer sind es Profitüberlegungen, die den Investments des bekennenden Katholiken zugrunde liegen. «Saubere Energie ist auch ein Schlüssel zur Armutsbekämpfung», sagt Brenninkmeijer. So stattet Good Energies ganze Dörfer in Äthiopien mit Sonnenenergie aus. Auch die christliche Orientierung hat bei den Brenninkmeijers Tradition. „Die religiöse Orientierung ist etwas Privates, aber auch eine Stütze im Geschäft“, meint Marcel dazu. „Wenn man Katholik ist wie ich, dann versucht man die Welt nicht schlechter zu hinterlassen, als man sie vorgefunden hat. Die Bewahrung der Schöpfung ist selbstverständlich für mich. Ich könnte nicht wie im Moment am Limit arbeiten, wenn ich nicht das Gefühl hätte, etwas Gutes zu tun.“
Geschäfte des 21. Jahrhunderts
Ansonsten sind für den GEI-Chairman allerdings Engagement für Nachhaltigkeit und Gewinnstreben kein Widerspruch. „Abgehobener Idealismus kostet nur. Man hat auf Dauer nur Erfolg, wenn man ihn mit bodenständigem Denken verbindet. Ohne Profit könnten wir ja keine weiteren Projekte finanzieren“, argumentiert er. Die Cleantech-Investitionen seien aber zum Glück „die Geschäfte des 21. Jahrhunderts“. Als Produzenten werden nach Brenninkmeijers Prognose noch einige Große in den Markt drängen. Spannend ist für ihn, was Sharp, Samsung und General Electric tun und was die Chinesen vorhaben. Jedenfalls sieht Marcel Brenninkmeijer gute Chancen zur Realisierung seiner „Hoffnung, dass der Mensch in 200 Jahren zurückblicken und sagen kann, unser Planet hatte da einmal ein Problem, aber wir haben es gelöst.»
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