Begleitet von Studentenprotesten hat auch das Land Hessen im vergangenen Jahr Studiengebühren eingeführt. Das auf jährlich 120 bis 130 Millionen Euro jährlich geschätzte Aufkommen soll den Hochschulen zufließen. Da die hessische Verfassung ein grundsätzliches Verbot von “Schulgeld” auch an Hochschulen vorsieht, wollen die Oppositionsparteien die neue Regelung vor dem Hessischen Staatsgerichtshof anfechten. GLÜCKLICH LEBEN stellt die Argumente von Befürwortern und Gegnern der Uni-Gebühr gegenüber.
Pro
Dorlies Last, Bundesvorsitzende des RCDS, studiert Schulmusik an der Musikhochschule Weimar
Studiengebühren leisten einen zwar kleinen, aber vielleicht entscheidenden Beitrag zur Finanzierung der Hochschulen. Und: Durch Gebühren würden die Einflussmöglichkeiten der Studenten steigen. Wenn man für etwas bezahlt, möchte man auch darauf Einfluss nehmen. Die Wahlbeteiligung für die akademischen Gremien liegt momentan bei den Studenten in Berlin bei vielleicht gerade mal sechs Prozent. Das Interesse an den Gremien würde durch Studiengebühren sicher enorm steigen
Das Argument der sozialen Schieflage lässt sich nicht wirklich halten. Die soziale Selektion im Bildungssystem ist in Deutschland im internationalen Vergleich auch ohne flächendeckende Studiengebühren schon sehr hoch. Die Ursachen dafür liegen meines Erachtens schon im Kindergarten oder in der Grundschule und nicht im Hochschulsystem selbst. Wenn man ein vernünftiges System gestaltet, in dem die Studenten die Möglichkeit haben, Kredite aufzunehmen und sie erst nach dem Studium wieder zurückzuzahlen, dann wird auch niemand vom Studium abgehalten werden.
Dem Trend, öffentliche Zuschüsse von den Unis abzuziehen, könnte man mit mittel- und langfristigen Hochschulverträgen entgegenwirken, wo über einen längeren Zeitraum festgelegt wird, wie viel Geld zum Beispiel das Land an die Hochschulen zahlt.
Contra
Michael Hartmann, Professor für Soziologie an der Technischen Universität (TU) Darmstadt
Mit den Studiengebühren fließen nicht zwangsläufig zusätzliche Mittel an die Hochschulen. Iin Australien, den USA oder in Großbritannien wurden die staatlichen Mittel für Hochschulen im Gegenzug gestrichen. Für die TU Darmstadt heißt das: Wenn wir bei unseren rund 17.000 Studierenden 500 Euro pro Semester kassieren, kommen,wir im Jahr auf 17 Millionen Euro. Wir haben aber im letzten Jahr eine Kürzung der vom Land Hessen zugesagten Mittel von ungefähr 20 Millionen hinnehmen müssen.
Schon die Einführung von Studiengeebühren für Langzeitstudierende hat gezeigt: Diejenigen, die besonders lange studieren, sind hauptsächlich Kinder aus den “bildungsfernen Familien”, die Zeit brauchen, um sich an den Hochschulen einzugewöhnen. Außerdem muss ein deutlich höherer Prozentsatz von ihnen während des Studiums arbeiten.
In den USA ist an den Unis die untere Hälfte der Bevölkerung mit gerade neun Prozent der Studierenden vertreten – noch weniger als an deutschen Hochschulen. An den US-Elite-Universiotätenstammen drei Viertel der Studierenden aus dem oberen Viertel der Gesellschaft. Das hängt eng damit zusammen, dass die Studiengebühren an den bekannten privaten Hochschulen sehr hoch sind und sie sich an den staatlichen Universitäten in den letzten sieben Jahren verdoppelt haben.
red/dk