Wie den Mdien seit gestern zu entnehmen, plant die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) Tierschützer, die in Ställe einbrechen um Verstöße gegen die Vorschriften des Tierschutzes zu dokumentieren, härter bestrafen. In einem Interview mit der Osnabrücker Zeitung sagte Klöckner „Wir brauchen keine selbsternannte Stallpolizei, die die Einhaltung des Tierschutzes kontrolliert.“ Gleichzeitig appeliert die Ministerin an die Bundesländer, ausreichend Kapazitäten für Tierschutzkontrollen zur Verfügung zu stellen.
Wir sagen: Solange es keine ausreichenden Kapazitäten für diese Tierschutzkontrollen gibt, müssen Organisationen wie PETA dafür sorgen, dass Verstöße gegen die Tierschutzgesetze öffentlich gemacht werden. Die Ministerin sagt in einem anderen Interview selbst, dass „Dumpingpreise für Fleisch halte ich für ethisch nicht vertretbar.“ Das scheint sie in ihrem Interview zum Tierschutz vergessen zu haben. Die Dumpingpreise sind nur möglich, weil die Tiere nicht „gezüchtet“, sondern „produziert“ werden. Und das geht nun mal zu Lasten der Tiere und des Tierwohls.Nun will Frau Klöckner die Menschen, die durch (rechtswidrige) Einbrüche in die großen Tierfabriken mit härteren Strafen belegen, obwohl es eine Gerichtspraxis gibt, die – offensichtlich seit Jahren – weiß wie mit den Tierrechtlern umzugehen ist, da diese ja auch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bedienen. Wie sagte Frau Klöckner in ihrem Interview zu den Dumpingpreisen für Fleisch in der Osnabrücker Zeitung?
„Doch wer Fleisch verramscht, der verstellt den Blick auf die Wertigkeit der Ware. Dumpingpreise für Fleisch halte ich für ethisch nicht vertretbar. Denn Tiere sind keine Wegwerfware, sondern Mitgeschöpfe. Daher sollte man Fleischpreise nicht als Lockmittel nutzen.“
Warum soll die Ethik im Verkauf nicht auch für die Ethik in der Zucht – der Produktion – gelten.
Wie es um den Tierschutz in der Massentierhaltung seit Jahren bestellt, mögen einige Beispiele belegen:
Die ZEIT
„Der Fleischmann“ August 2015
„Mehr als drei Milliarden Kilogramm Schweinefleisch essen die Deutschen jedes Jahr. Hergestellt wird es zumeist in Tierfabriken, unter Bedingungen, die jeden vernünftigen Menschen erschaudern lassen. Dennoch drücken sich Politiker und Bürger bisher davor, zu entscheiden, ob eine derartige Form der Tierproduktion noch hinnehmbar ist“
RP online
„Landwirte verstoßen häufiger gegen das Tierschutzgesetz“
„In der deutschen Landwirtschaft werden deutlich mehr Verstöße gegen Tierschutzvorschriften registriert als noch vor einigen Jahren. 2013 habe es 10.054 behördliche Aufforderungen an Landwirte gegeben, Missstände abzustellen, 2009 seien es lediglich 5284 gewesen, heißt es in Angaben der Bundesregierung.“
Die ZEIT 2014
„Die meisten interessiert Tiehaltung nicht“
„Der Bauer kann einen tollen Hof bauen und trotzdem gegen Tierschutzrecht verstoßen – wenn der Betriebsleiter die Sache nicht im Blick hat. Da hilft nur die Kontrolle vor Ort bei laufendem Betrieb. Und an der mangelt es häufig. Im Vorfeld kann ich alles prüfen: Böden, die Fütterungs- oder Lüftungsanlagen. Wenn der Landwirt aber später falsch damit umgeht, hilft das nichts.“
Immer wieder heißt es also „es mangelt an Kontrolle“ und Kontrolle braucht es, überraschende Kontrolle ohne Vorankündigung, und solange es die nicht von staatlicher Seite gibt braucht es die Aktionen der Tierschutzaktivisten.
Sehr treffend wird das in einem sehr differenzierenden Beitrag der Welt Digital dargestellt. Dort heißt es unter anderem:
„Mehrere Urteile stellen staatliches Kontrollversagen fest
Rückenwind erhalten sie dabei aber auch von Gerichten. Schon mehrere Urteile stellten staatliches Kontrollversagen auf Bauernhöfen fest. So urteilte das Oberlandesgericht Naumburg jüngst, wer sich Zugang zu einem Hof verschaffe, um Verstöße gegen den Tierschutz zu dokumentieren, handle nicht rechtswidrig, sofern man vorher erkennen konnte, dass dort Tierschutzstandards unterlaufen werden. In solchen Fällen dürfe man nicht von Hausfriedensbruch sprechen, sondern von rechtfertigendem Notstand.
Ein Kontrolldefizit sehen Tierschützer auch hierzulande. Etwa im Kreis Steinfurt, in dem landesweit mit die meisten Schweine leben. Im Durchschnitt wird dort jeder der 3301 Betriebe einmal pro Jahrzehnt kontrolliert. „Wenn die Tierrechtler ihre Kameras niederlegen sollen“, meint Rüße (Umweltexperte der Grünen NRW), „wird das nicht so bleiben können“.
Sollte es zutreffen, dass rein rechnerisch einzelne der 3300 Tierproduktionsstätten in NRW nur einmal in einem Jahrzehnt kontrolliert werden, dann sind die von Ministerin Klöckner ausgerufenen härteren Strafen für Tierretter, PETA, Animals Angels nichts weiter als ein politisch gewollter Schutz der Tierproduzenten. Ein Sieg der Lobby.
{ 0 Kommentare... }