0 Die CDU
die Transparenz und der Lobbyismus

Versucht man die in der Überschrift genannten Begriffe in der Reihenfolge ihrer Nennung unter einem Dach zu vereinen, dann wird man sehr schnell feststellen, dass das nicht möglich ist.

Weil nämlich mehr Transparenz im Berliner Lobbygeschehen mit der CDU nicht möglich war, nicht möglich ist und – vermutlich – auch vorerst nicht möglich sein wird.

Das bestätigt eine „Beschlussenpfehlung und Bericht“ zur Abstimmung des Deutschen Bundestags über zwei Anträge von Grünen und Linken zur Einführung eines „verpflichtenden Lobbyistenregisters“ (DIE LINKE) bzw. eines
„Verbindliche(s)n Register(s) für Lobbyistinnen und Lobbyisten“ (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN) im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.

Leider zeigt die Beschlussempfehlung zu diesen Anträgen nicht nur den Unwillen der CDU (entgegen allen Versprechungen im Wahlprogramm 2013) sondern auch die Vergesslichkeit der SPD (Transparenzversprechen im Wahlprogramm 2013) und, mindestens genauso schlimm, die Unfähigkeit der Oppositionsparteien zu diesem seit Jahren schwelenden Thema einen gemeinsamen Antrag zu stellen. Beim Verhalten der Opposition ist unbedingt erwähnenswert, dass DIE LINKE. den Antrag von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN unterstützt, während BÜNDNIS)/DIE GRÜNEN sich bei der Abstimmung über den Antrag von DIE LINKE. enthält!
So heißt es in der Beschlussempfehlung wörtlich:

A. Problem

Die Antragsteller gehen davon aus, dass der ständige Informationsaustausch zwischen Verbänden, Unternehmen und Interessengruppen und der Politik in Form des Lobbyismus ein wichtiges Element bei der politischen Willensbildung in einem demokratischen Staatswesen ist. Unstreitig ist, dass der Dialog zwischen Wirtschaft und Gesellschaft einerseits und der Politik andererseits in vielen Fällen dringend geboten und wünschenswert ist. Der institutionalisierte Lobbyismus ist insoweit eine Form des zulässigen Austausches zwischen Politik und Gesellschaft. Die Antragsteller sehen, dass seit jeher allerdings auch Gefahren durch den Lobbyismus bestehen können, der der illegitimen Durchsetzung von Partikularinteressen dienen könne. Insoweit sei Lobbyismus ein Phänomen, das sich zwischen dem Anspruch legitimer Interessenvertretung und illegaler Einflussnahme bewegen könne.
Zur Verbesserung der Transparenz bei der Tätigkeit von Lobbyisten im politischen Bereich befürworten die Antragsteller die Einführung eines verpflichtenden und verbindlichen Lobbyistenregisters und fordern die Bunderegierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Die Regelungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sollen entsprechend angepasst werden. Die Fraktion DIE LINKE. fordert in ihrem Antrag zudem, dass der Deutsche Bundestag einen Appell an die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf der Ebene der Europäischen Union und der Bundesländer richtet, ebenfalls verpflichtende Lobbyistenregister einzuführen.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3842 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3920 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

In Berlin sind ungefähr 6.000 Lobbyisten unterwegs. Niemand weiß die genaue Zahl und niemand weiß so ganz genau was sie machen, wen sie treffen und wie und inwieweit sie Einfluss auf Politik und Politiker nehmen.

Einen Eindruck davon, was möglich ist, lieferte eine unter dem SPD-Finanzminister Peer Steinbrück durchgeführte Änderung des Steuergesetzes 2007. Damals wurden große Textpassagen (im Wortlaut) aus einem Schreiben des Bundesverbandes deutscher Banken übernommen. Zitat aus Die Welt vom 28.4.13

„Doch das BMF machte damals noch aus einem anderen Grund eine schlechte Figur. Ausgerechnet Steinbrück, der sich heute als großer Banken-Kritiker aufschwingt, übernahm im Gesetz 2007 nahezu im Wortlaut eine Passage aus einer Vorlage des Bankenverbandes.“

Dazu passt auch ein Bericht der taz vom Juni 2008 „Bund tut Lobbyisten nicht weh“ zum Thema Wirtschaftsvertreter in Ministerien.

Zwischen damals und heute hat sich – mit Ausnahme der Bundestagshausausweise – nicht viel geändert. Deshalb sei noch einmal an die Transparenz-Versprechungen in den Wahlprogrammen von 2013 erinnert:

In ihrem Wahlprogramm schrieb die CDU Sätze wie:

„Zugleich fördern wir angesichts sich verändernder Verbraucherwünsche und gestiegener gesellschaftlicher Anforderungen Offenheit, Information und Dialog. Probleme, Fragen und Sorgen der Bürger…“

„Wir wollen für mehr Offenheit gegenüber der interessierten Öffentlichkeit sorgen.“

Diese Sätze scheinen längst vergessen. Statt dessen zeigen Aussagen wie die des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU, Michael Grosse-Brömer die Grundhaltung der CDU.

„Die Forderung nach einem Lobbywächter ist falsch, denn es gibt bereits ausreichend Transparenz.“

oder

„Den Bundestag als ein Sammelsurium gewissenloser Gestalten zu porträtieren, die sich willig in die Hände bestechungsbereiter Lobbyisten begeben, ist ebenso abwegig wie vorurteilsbehaftet.“

Und die bei der Abstimmung so zurückhaltende SPD?

Auch die schrieb in ihrem Wahlprogramm Sätze wie

„Damit mehr Partizipation in politischen Prozessen erreicht werden kann, müssen Politik und Verwaltung transparenter werden. Transparenz bedeutet dabei nicht gläserne Politiker, sondern konsequente Offenheit bei all jenen Daten, Verträgen und Verfahren, an denen ein öffentliches Interesse besteht.“

oder

„Die Verwaltung soll Transparenz als Chance für mehr Vielfalt und Innovation begreifen. Gleichzeitig ermöglicht mehr Transparenz auch Kontrolle.“

Alles vergessen?

Den Unterschied zwischen einem freiwilligen Lobbyistenregister und einem verpflichtenden, öffentlich auswertbaren Register erklärt eine Darstellung der Bundeszentrale für politische Bildung:

„Eine öffentlich einsehbare Datenbank, in der Lobbyismus betreibende Akteure zusammen mit Kenndaten über deren Aktivitäten erfasst sind. In Deutschland und auf EU-Ebene existieren nur freiwillige Register, die aufgrund ihrer Ineffizienz teils stark kritisiert werden. Abgesehen davon, dass die Register freiwillig sind, sagen sie nichts darüber aus was in den Treffen besprochen wurde. In den USA existiert ein verpflichtendes, öffentlich auswertbares Lobbyregister mit finanzieller Offenlegungspflicht und, zumindest theoretisch, hohen Sanktionsmöglichkeiten auf Bundesebene und einer Mehrheit der Einzelstaaten.

Unterstützen Sie die Bemühungen um mehr Transparenz im bundesdeutschen Lobbygeschehen und beteiligen Sie sich an einer der aktuellen Aktionen:

abgeordnetenwatch: Schluss mit geheimem Lobbyismus!
(bisher 130.978 Unterzeichner)

LOBBY CONTROL: Aktion: Lobbyregister einführen!
(bisher 13.057 Unterzeichner)

change.org: Schluss mit geheimem Lobbyismus!
(bisher 125.417 Unterzeichner)

campact: Lobbyisten im Bundestag enttarnen
(bisher 235.000 Unterzeichner)

 

 

 

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