Laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags dürfen sich Stadt- und Gemeinderäte nicht politisch mit dem geplanten Freihandelsabkommen beschäftigen. Tun Sie es doch, verhalten sie sich rechtswidrig. Wie die Wochenzeitschrift Die Zeit, der das Gutachten nach eigenen Angaben vorliegt, berichtet, gestattet das Grundgesetz den Städten und Gemeinden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung nur die Befassung mit Sachgebieten, die einen „spezifisch örtlichen Bezug“ aufweisen. Sei dieser nicht klar ersichtlich, markierten „symbolische Entschließungen“ wie auch „bloße Befassungen“ der Kommunalvertretungen mit sogenannten „allgemeinpolitischen Angelegenheiten“ einen Verstoß gegen geltendes Recht.
Unbekannt ist noch, wer das Gutachten überhaupt in Auftrag gegeben hat. Dazu haben wir in einem offenen Brief an den Wissenschaftlichen Dienst geschrieben und um Mitteilung gebeten von wem der Auftrag zur Studie erteilt wurde.
Wie Die Zeit weiter ausführt, sind, folgt man dem Gutachten, heute bereits die Vertreter von 113 Gemeinden in Deutschland in Deutschland straffällig geworden, haben sie sich doch mit TTIP befasst und zum Teil sogar Unterschriften gegen TTIP gesammelt oder ablehnende Resolutionen verfasst.
Die Zeit verweist auf Karl Bär, Fachmann für Agrarpolitik und Freihandelsabkommen beim Umweltinstitut München und einen der heftigen Kritiker des TTIP. Er findet den Maulkorb für die Kommunalvertreter „skandalös“, hat aber auch große Zweifel an der Durchsetzbarkeit des „Befassungs-Verbots“. In juristischer wie auch in politischer Hinsicht.
Welche Bedeutung ein Mitspracherecht der Kommunalvertreter hat oder bekommen kann, wird sofort deutlich, wenn man an die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge denkt. Von der öffentlichen Wasserver- und Abwasserentsorgung über die Bereiche Abfall und ÖPNV bis hin zu sozialen Dienstleistungen und der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich. Bereits im November 2013 hat der Deutsche Städtetag mit einem Aufsatz von Ulrich Maly, Präsident des Deutschen Städtetags, seine Sorge zum Ausdruck gebracht, dass mit dem TTIP der Privatisierungsdruck auf Städte und Gemeinden zunehmen wird.
Ist es nicht bemerkenswert und verwunderlich, dass aus dem Deutschen Bundestag eine Studie in Auftrag gegeben wird, an deren Ende ein TTIP-Maulkorb für Kommunalvertreter steht, wenn gleichzeitig die deutschen Städte und Gemeinden über ihre Dachorganisationen Deutscher Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutscher Landkreistag und Verband kommunaler Unternehmen in eindeitigen Positionspapieren auf die Risiken für die kommunale Daseinsvorsorge hinweisen, die aus einem Freihandelsabkommen resultieren können.
In den Positionspapieren heißt es u.a.:
„Freihandelslabkommen bergen jedoch auch erhebliche Risiken für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, die durch die Kommunen und ihre Unternehmen verantwortet und erbracht werden.Beeinträchtigungen dieser, für die Bürgerinnen und Bürger wichtigen Dienstleisungen durch Freihandelsabkommen müssen ausgeschlossen werden.“
Wenn das keine gewichtigen Argumente für eine Beteiligung der Kommunalvertungen an den Diskussionen um CETA und TTIP sind, dann sind berechtigte Zweifel an der Ernsthaftigkeit aller Mitsprache- und Beteiligungsversprechen im Regierungsprogramm der GroKo angebracht.
Thomas Deiters vom Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern fasst die Notwendigkeit kommunaler Mitwirkung so zusammen:
„Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben gute Erfahrungen mit der „Rekommunalisierung“ regionaler Energieversorger gemacht. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass sämtliche Bereiche, in denen örtliche Kenntnisse gebraucht werden in öffentlicher Hand bleiben sollen. Privatisierung garantiert hier langfristig keine Vorteile.“
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