Der parlamentarische Staatssekretär (*PStS) der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat auf unsere – über abgeordnetenwatch – gestellte Frage zur Vergabe von Hausausweisen an Lobbyisten die nicht zu einer in der Lobbyisten-Liste genannten Interessenvertretung gehören, geantwortet und überrascht uns mit einer Argumentation, die mit folgendem Satz beginnt:
„…vielen Dank für Ihre Anfrage. Es freut mich, dass Sie unser Regierungsprogramm zur Bundestagswahl lesen. Sie haben das wiedergegebene Zitat sicherlich vollständig im Zusammenhang mit Infrastrukturvorhaben gelesen und nur versehentlich sinnentstellt wiedergegeben.“
Der von uns zitierte Satz, den Herr Staatssekretär als „sinnentstellt wiedergegeben“ bemängelt steht auf Seite 67 des Regierungsprogramms der CDU/CSU unter der Überschrift „5.7 Mitmachen! Einmischen! Mehr Bürgerbeteiligung“ und dort finden sich auch Sätze wie:
„CDU und CSU kommt es auf die Meinung der Bürger an, wir wollen, dass sich Bürgerinnen und Bürger aktiv in Debatten einmischen.“
Sarkastisch interpretiert sagt Grosse-Brömer also „Mitmachen! Einmischen! Mehr Bürgerbeteiligung – das wollen wir von der CDU/CSU nur auf Infrastrukturvorhaben bezogen wissen. Ansonsten kommen wir schon allein zurecht“ – aber das ist sicher wieder sinnentstellt – oder? Grosse-Brömers Antwort bietet aber noch weitere, ebenso erstaunliche Aussagen.
Sehr geehrter Herr

,vielen Dank für Ihre Anfrage. Es freut mich, dass Sie unser Regierungsprogramm zur Bundestagswahl lesen. Sie haben das wiedergegebene Zitat sicherlich vollständig im Zusammenhang mit Infrastrukturvorhaben gelesen und nur versehentlich sinnentstellt wiedergegeben.Mit Blick auf die Hausweise ist der Hinweis wichtig, dass für Termine mit Interessenvertretern eine Zutrittsberechtigung zum Bundestag überhaupt nicht notwendig ist. Für die Wahrnehmung von Terminen innerhalb der Räumlichkeiten des Deutschen Bundestags kann dieser durch jedermann nach Vorlage eines Ausweises betreten werden.
Anmerkung Redaktion:
Ist das nun schon Rabulistik? Oder einfach nur unbedacht? „…dass für Termine mit Interessenvertretern eine Zutrittsereberechtigung zum Bundestag überhaupt nicht notwendig ist.“ Warum gibt es denn dann überhaupt Hausausweise?
Der Zurückhaltung bei der Veröffentlichung der Daten von Personen, die den Bundestag besuchen, liegt ein Schutzgedanke zu Grunde. Der Zugang zu den Gebäuden des Bundestages ist Besuchern auf Wunsch eines Abgeordneten jederzeit zu gestatten. Dafür werden Besucher bspw. an den verschiedenen Eingängen angemeldet. Die Personalien werden dabei nicht gespeichert, so dass Bürgerinnen und Bürger, Unternehmens- oder Gewerkschaftsvertreter, Vertreter von Verbänden oder auch Bürgerinitiativen sicher sein können, dass sie ihr Anliegen vertraulich gegenüber einem Abgeordneten vorbringen können.
Anmerkung Redaktion:
Wie erklärt sich dann Anlage 2 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags und deren Absatz (3):
„Hausausweise für Interessenvertreter werden nur ausgestellt, wenn die Angaben nach Absatz 2 gemacht wurden.“
Niemand soll vor dem Besuch eines Abgeordneten zurückschrecken, weil der Name im Anschluss ggf. veröffentlicht wird. Die CDU/CSU-Fraktion hält dies für einen wichtigen Punkt und zwar zum Schutz der einzelnen Besucher als auch zum Schutz der grundgesetzlich garantierten freien Mandatsausübung.
Zur Vereinfachung können Personen, die den Bundestag häufiger aufsuchen müssen, einen Ausweis zum selbständigen Zutritt in die Gebäude des Bundestages erhalten.
Eine Möglichkeit hierfür ist die von Ihnen aufgeführte Ausstellung eines Ausweises nach Unterstützung eines Parlamentarischen Geschäftsführers der im Bundestag vertretenen Fraktionen. Insoweit ist dieses Verfahren sehr ähnlich dem eingangs erwähnten Einzelzutritt auf Wunsch eines Abgeordneten. Auch hierfür gilt daher aus unserer Sicht, dass die – in diesem Fall gespeicherten persönlichen Daten der Zutrittspersonen – vertraulich behandelt werden sollten.
In der Pressemitteilung 1/2015 (bite auf Seite 5 scrollen) des Verwaltungsgerichts Berlin heißt es u.a.:
“Den Vertretern von nicht öffentlich registrierten Verbänden kann ein Hausausweis erteilt werden, wenn der Verbandsvertreter in einem durch den Parlamentarischen Geschäftsführer einer Fraktion gezeichneten Antrag nachweist, dass er das Gebäude des Deutschen Bundestages im Interesse des Parlaments häufig aufsuchen muss.”
Welcher Art bitte sind “die Interessen des Parlaments”, die “häufige Besuche im Gebäude des Deutschen Bundestags” durch anonym bleibende Vertreter (auch nicht registrierter Verbände) erforderlich machen?
Mit freundlichen Gruß
M. Grosse-Brömer
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