Es sah nach einem riesigen Erfolg aus. Innerhalb kürzester Zeit hatte die Bürgerinitiative für den Erhalt der Stadtteilbibliotheken die erforderlichen 4.370 Stimmen für ein Bürgerbegehren „durch“ (effektiv wurden fast doppelt so viele Bürger (7.888) zu einer Stimmabgabe aktiviert). Somit musste sich das Stadtparlament mit dem Begehren beschäftigen. Dank der Bedeutung, die Kassels SPD und Grüne Kultur und Bildung zumessen, wurde das Bürgerbegehren mit ihrer Mehrheit im Stadtparlament abgelehnt und es musste zum Bürgerentscheid kommen.
Der Termin für den Bürgerentscheid wird nach dem hessischen Kommunalwahlgesetz §55 [1] von „der Gemeindevertretung“ festgesetzt.
Diese Tatsache nutzten die taktisch gewieften (und zum Wohl aller Bürger handelnden?) „Stadtväter [2]“ und legten den Termin des Bürgerentscheids n i c h t auf den 22. September 2013 (was nach dem Hessischen Kommunalwahlgesetz durchaus möglich gewesen wäre), den Tag der Landtags- und Bundestagswahl, sondern auf den 30. Juni 2013.
Mit dieser Terminerung war klar, dass die notwendigen 25 Prozent der Stimmen schwerer zu erreichen sein würden als bei einer Abstimmung am 22. September. So kam es ja nun auch [3]!
Der Initiative ist ein großes Kompliment zu machen, gelang es ihr doch 21.519 Wähler im Interesse von Kultur und Bildung zur Stimmabgabe zu moblisieren. Gleichwohl ist festzustellen, dass die Bürger Kassels insgesamt eine Chance vergeben haben. Und das in einer Stadt, die mit der Dokumenta immer wieder den Anspruch erhebt in kulturellen Dingen stilbildend zu sein.
Bleiben Fragen:
Sind die 25 Prozent, die für das Quorum erforderlich sind, zu hoch angesetzt?
Sollten es vielleicht nur 10 Prozent sein?
Was ist mit der Terminfestlegung? Wurde hier aus parteitaktischen Überlegungen gehandelt und deshalb Steuergeld verschwendet? Wer ist dafür verantwortlich und wie wirkt sich diese Verantwortlichkeit aus?
Dieser und anderen Fragen zur Ausgestaltung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sollte in der Folge des Ablaufs in Kassel deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.