Was in NRW der Herr Lindner und in Schleswig-Holstein der Herr Kubicki, das soll für die Bundes-FDP wohl die “Markttransparenzstelle” sein: Das Wundermittel zum Überleben der FDP, rechtzeitig vor den Wahlterminen.
Seit Jahren versucht das Kartellamt vergeblich, den Mineralölkonzernen Preisabsprachen nachzuweisen. Dabei hat es, trotz aller Irrwege, noch nie die Preisbeauftragten der Mineralölkonzerne zu ihren gegenseitigen Kontakten befragt. Ergo gab es auch noch nie die echte Chance einer Beweisführung. Ein neuer Irrweg auf der Suche nach niedrigeren Kraftstoffpreisen an bundesdeutschen Tankstellen soll jetzt mit der “Markttransparenzstelle” beschritten werden.
Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft wird die beabsichtigte Kontrollregelung wie folgt beschrieben: “
“Raffinerien, Händler und Tankstellen sollen die Preise melden, zu denen sie Sprit ein- und verkaufen.”
Bereits aus dieser Formulierung lassen sich die ersten Hinweise auf Schwachstellen der geplanten Preiskontrollen ableiten:
Raffinerien:
In Deutschland gibt es 15 Raffinerien, vier davon gehören Shell, eine BP, eine Esso, eine OMV, eine Concoco/JET, eine Holborn (Teil der lybischen Tamoil), eine TOTAL, zwei einem Konsortium aus OMV/Agip/BP/PdVSA, eine einem Konsortium aus Shell/Esso/BP/PdVSA/conoco, eine einem Konsortium aus Shell/Ruhröl/Agip, eine BP und PdVSA.
Alle genannten Raffinerien werden von Unternehmen oder Unternehmenszusammenschlüssen betrieben, die sowohl im upstream-Geschäft (Exploration und Produktion) wie auch im Downstream (Raffinerien und Marketing) tätig sind. Eine Kette, aus der sich an jeder Stelle unwiderlegbare Begründungen für Preisänderungen ableiten lassen.
Z.B.: Wenn der Rhein Hochwasser hat, steigen die Preise – wenn der Rhein Niedrigwasser hat, steigen die Preise.
Händler:
Wer ist Händler und hat die Preise zu melden? Die Mineralölgesellschaft, in deren Namen und auf deren Rechnung die Kraftstoffe verkauft werden? Oder der mittelständische Mineralölhändler, der seine Kraftstoffe von unterschiedlichen Gesellschaften bezieht und an seine Tankstellen weiterveräußert? Oder der Tankstellenunternehmer, der als Handelsvertreter im Namen und auf Rechnung eines Mineralölhändlers verkauft? Oder alle?
Tankstellen:
Was ist mit freien Tankstelle, die nur scheinbar “frei” sind, tatsächlich aber nach wie vor zu einer Gesellschaft gehören? Wie steht es um die Meldepflichten bei Tankstellenpächtern im Vergleich Tankstellen-Eigentümern? Dürfen Eigentümer z.B. dann zukünftig zu Lasten ihrer Provision den Preis senken oder eine Preiserhöhung ablehnen?
Auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie heißt es zu den Auswirkungen der “Markttransparenzstelle”:
Es geht bei unserer Initiative darum, Transparenz und Wettbewerb zu stärken. Insofern ist der Begriff “Staatsaufsicht” irreführend. Preise müssen auch bei Kraftstoffen im freien Wettbewerb gebildet werden. Wir wollen sicherstellen, dass diese freie Preisbildung auch funktioniert. Eine staatliche Preisregulierung ist damit gerade nicht verbunden. Im Gegenteil: Indem wir den Markt beobachten, können wir leichter Kartellrechtsverstöße aufdecken und sanktionieren. Dies ist eine ureigene staatliche Aufgabe, die das Bundeskartellamt wahrnimmt. Mit der Markttransparenzstelle stärken wir das Bundeskartellamt, das künftig viel besser Missbräuche aufdecken und verfolgen kann. Die neuen Regeln des Wettbewerbsrechts werden so besser ihre Wirkung entfalten – zum Vorteil der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Da erstaunt es dann doch, wenn im Handelsblatt vom 2. Mai 2012 folgende Markteinschätzung vom Chef dieses Ministeriums kolportiert wird:
So richtig überzeugt davon, dass die Preise durch die neue Behörde sinken, scheint auch der Wirtschaftsminister nicht zu sein. Zumindest hat Rösler für den Fall der Fälle schon einmal vorgebaut. Das Projekt werde nicht automatisch zu niedrigeren Preisen führen, sagte er. Darüber entscheide „nicht die Politik“.
Das Fazit kann also nur lauten: Wahlkampfgetöse und Dampfgeplauder eines um den Fortbestand seiner Partei bangenden Ministers, keinesfalls jedoch eine Maßnahme, die zu niedrigeren (und schon gar nicht dauerhaft) Kraftstoffpreisen führen wird. Im Gegenteil: Abgesehen von der Tatsache, dass die zunehmende Knappheit des Rohstoffes Erdöl zu Preissteigerungen führen wird, werden die Konzerne evtl. entstehende Verwaltungskosten ungerührt an die Verbraucher weitergeben. Aber da hat Herr Rösler ja bereits vorgebaut – s.o.
Wer glaubt denn, daß die Kapitalistenvertreter in Berlin ihre größte Einnahmequelle mindern wollen? Jeder Cent Benzinpreis mehr spült doch mehr in die Kassen, deren Inhalt dann den Banken zufließt! (DK1BR)