… oder: Was Frau Merkel und Herrn Gauck wirklich verbindet!
Alle wollen Gauck, allein Frau Merkel zögerte erneut und zum wiederholten Mal. Eine mögliche Erklärung dafür liefert die Betrachtung von Dr. Joachim Wendler, die am 21.02.2012 bei B5 aktuell zu hören war. Wir danken Achim Wendler für die Erlaubnis, seinen Beitrag erneut zu veröffentlichen.
Es ist lange her, da wollte Angela Merkel diesen Joachim Gauck unbedingt und aus freien Stücken. Merkel hatte noch ihre komische Topffrisur, Gauck war noch schwarz- statt grauhaarig.
Das war im Jahr 2000.
Gauck stand damals vor dem beruflichen Aus, seine zweite und letzte Amtszeit als Stasi-Unterlagenbeauftragter ging zu Ende.
Zitat Gauck aus dieser Zeit:
“Mir haben Abgeordnete des Deutschen Bundestages angeboten, eine geringfügige Änderung des Gesetzes zu machen, damit ich eine weitere Amtszeit amtieren könne. Man konnte sich offensichtlich die sogenannte Gauck-Behörde nicht ohne Gauck vorstellen.”
Er sagte nein.
Aber er war damals schon bekannt und geachtet und – er war ohne Parteibuch. Daher umgarnten sie ihn, die Grünen genauso wie die CDU, genauer, deren neue Vorsitzende Angela Merkel. Sie traf und umwarb Gauck in diesem Herbst des Jahres 2000, es war eines ihrer ersten Gespräche. Gut denkbar, dass Merkel ihm schon damals genau das sagte, was sie Jahre später im Kanzleramt sagen sollte:
Zitat Merkel:
“Wir beide haben einen Teil unseres Lebens in der DDR gelebt und unsere Sehnsucht nach Freiheit hat sich 1989/90 erfüllt.”
Trotzdem war das Werben vergebens. Das Ergebnis des Gesprächs ist bekannt, Gauck ließ Merkel abblitzen. In der Mitte ihrer CDU wollte er nicht sein.
Zitat Gauck:
“Zu Ihnen spricht ein parteiloser Mensch, der auch dazu noch Wechselwähler ist.”
Trotzdem schätzen sie sich seit dieser Zeit, Merkel und Gauck. Immer wieder überkreuzen sich ihre Wege, merkwürdigerweise oft dann, wenn einer von ihnen für irgendwas kandidiert. 2005 etwa, Angela Merkel für die Kanzlerschaft. Mitten im Wahlkampf erscheint eine Biografie über sie. Joachim Gauck stellt das Buch vor und ist überaus kritisch – mit dem Buch, weniger mit Merkel.
Zitat Gauck:
“Ich vergleiche Angela Merkel mit dem Personal, das mit ihr konkurriert. Und wenn man das tut, dann fällt das Urteil natürlich positiver aus.”
Die nächste Wegkreuzung ein paar Jahre später, wieder eine Kandidatur. Die Bundespräsidentenwahl 2010. Einer der Kandidaten ist Joachim Gauck, der Kandidat der Herzen, Kandidat der Mehrheit der Deutschen, Kandidat der Opposition.
Aber: Nicht Merkels Kandidat!
Sie stemmt sich gegen Gauck und hat ein Argumentationsproblem. Wie soll sie einen Kandidaten ablehnen, dem sie vor ein paar Monaten noch so zum Geburtstag gratuliert hat:
Zitat Merkel:
“Sie haben sich in herausragender und, ich glaube, auch unverwechselbarer Weise um unser Land verdient gemacht.”
Nun ja, jetzt heißt ihr Kandidat trotzdem Christian Wulff, der Kandidat aus der Mitte der CDU. Und ihre Absage an Gauck klingt fast wie die Retourkutsche an die Absage, die Gauck ihr einst gab. Damals, bei einem der ersten Treffen.
Zitat Merkel:
“Weil wir glauben, dass es in der jetzigen Zeit richtig und gut ist, jemanden als Bundespräsidenten in Deutschland zu haben, ja, der aus der Mitte der Parteien kommt und der dieses Amt nicht versteht als ein Amt, das nur gut ausgeübt werden kann, wenn es gegen oder ohne die Parteien ist.”
Das war 2010. Seitdem sind sie quitt in ihrer politischen Beziehung. Einmal hatte er sie abblitzen lassen, einmal sie ihn.
Vielleicht war auch das eine Voraussetzung dafür, dass sie jetzt schließlich zusammenfanden, natürlich über eine Kandidatur.
Zitat Gauck:
“Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben mir auch versichert, dass sie auch in anderen Zeiten beständig Hochachtung und Zuneigung zu mir empfunden haben und das Wichtige daran ist, dass Sie mir Vertrauen entgegen gebracht haben.”