1 Habemus Candidatus
jetzt ist genug gestritten!

Joachim Gauck wird neuer Bundespräsident!
Eine gute Wahl und eine Wahl, die von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wird.
Warum also jetzt noch kleingeistiges Nachkarten? Wäre es nicht dem politischen Klima im Land, dem Amt und dem Kandidaten wesentlich dienlicher, man würde sich darauf beschränken, die Freude über den gemeinsam gefundenen und gekürten Kandidaten auszudrücken?

Muss die Kanzlerin unbedingt „eingeknickt“ sein, nur weil sie sich dann doch dem allgemeinen Wunsch angeschlossen hat? Muss man aus Reihen der CDU der FDP jetzt „Untreue“ vorwerfen, nur weil die sich  – ohne eine vorherige Absprache – für Joachim Gauck entschieden hat?
Wie sagte doch die Kanzlerin vor der Kandidatenwahl?

„Und in diesem Geiste werden die Parteien, die die Bundesregierung tragen, werden CDU und CSU und FDP sich nun beraten, und anschließend unmittelbar auf die Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen zugehen. Wir wollen Gespräche führen mit dem Ziel, in dieser Situation einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des nächsten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland vorschlagen zu können.“

Das war die bestmögliche Erklärung, die sie im Augenblick des neuerlichen Scheiterns eines von ihr durchgesetzten Kandidaten abgeben konnte. Und auch wenn Angela Merkel und Joachim Gauck eine gemeinsame „Vergangenheit in der Ablehnung“*** haben, ist es doch nur als positiv zu vermerken, dass sie sich dann, bei der Entscheidung – wenn auch mit Verzögerung – an ihre eigenen Worte erinnert.

Wem nützt es, wenn der Unionsfraktionsvize Michael Meister glaubt feststellen zu müssen: „Ich finde es beachtlich, dass sich die Liberalen mit SPD und Grünen ins Bett legen“?
Was konnte denn die 3-Prozent-Partei FDP besseres für ihre Eigenwerbung tun, als sich frühzeitig für den von einer überwältigenden Mehrheit gewünschten Kandidaten zu entscheiden?

Freuen wir uns also auf die erste Rede von Joachim Gauck, dem „reisenden Politiklehrer“ und hoffen wir, dass er mit dem Amt des Bundespräsidenten eine Station erreicht hat, auf der er, ganz im Sinne von Theodor Heuss, wirken kann: „Zu ermutigen und zu warnen, das ist die entscheidende Aufgabe des Bundespräsidenten“.

***Ein kurzer Blick zurück  und auf das Verhältnis Merkel-Gauck:

Alle wollen Gauck, allein Frau Merkel zögerte erneut und zum wiederholten Mal. Eine mögliche Erklärung dafür liefert die Betrachtung von Joachim Wendler, die am 21.02.2012 bei B5 aktuell zu hören war.

Wir danken Herrn Dr. Wendler für die freundliche Genehmigung zur neuerlichen Veröffentlichung:

Es ist lange her, da wollte Angela Merkel diesen Joachim Gauck unbedingt und aus freien Stücken. Merkel hatte noch ihre komische Topffrisur, Gauck war noch schwarz- statt grauhaarig.

Das war im Jahr 2000.

Gauck stand damals vor dem beruflichen Aus, seine zweite und letzte Amtszeit als Stasi-Unterlagenbeauftragter ging zu Ende.

Zitat Gauck aus dieser Zeit:

„Mir haben Abgeordnete des Deutschen Bundestages angeboten, eine geringfügige Änderung des Gesetzes zu machen, damit ich eine weitere Amtszeit amtieren können. Man konnte sich offensichtlich die sogenannte Gauck-Behörde nicht ohne Gauck vorstellen.“

Er sagte nein.

Aber er war damals schon bekannt und geachtet und – er war ohne Parteibuch. Daher umgarnten sie ihn, die Grünen genauso wie die CDU, genauer, deren neue Vorsitzende Angela Merkel. Sie traf und umwarb Gauck in diesem Herbst des Jahres 2000, es war eines ihrer ersten Gespräche. Gut denkbar, dass Merkel ihm schon damals genau das sagte, was sie Jahre später im Kanzleramt sagen sollte:

Zitat Merkel:

„Wir beide haben einen Teil unseres Lebens in der DDR gelebt und unsere Sehnsucht nach Freiheit hat sich 1989/90 erfüllt.“

Trotzdem war das Werben vergebens. Das Ergebnis des Gesprächs ist bekannt, Gauck ließ Merkel abblitzen. In der Mitte ihrer CDU wollte er nicht sein.

Zitat Gauck:

„Zu Ihnen spricht ein parteiloser Mensch, der auch dazu noch Wechselwähler ist.“

Trotzdem schätzen sie sich seit dieser Zeit, Merkel und Gauck. Immer wieder überkreuzen sich ihre Wege, merkwürdigerweise oft dann, wenn einer von ihnen für irgendwas kandidiert. 2005 etwa, Angela Merkel für die Kanzlerschaft. Mitten im Wahlkampf erscheint eine Biografie über sie. Joachim Gauck stellt das Buch vor und ist überaus kritisch – mit dem Buch, weniger mit Merkel.

Zitat Gauck:

„Ich vergleiche Angela Merkel mit dem Personal, dass mit ihr konkurriert. Und wenn man das tut, dann fällt das Urteil natürlich positiver aus.“

Die nächste Wegkreuzung ein paar Jahre später, wieder eine Kandidatur. Die Bundespräsidentenwahl 2010. Einer der Kandidaten ist Joachim Gauck, der Kandidat der Herzen, Kandidat der Mehrheit der Deutschen, Kandidat der Opposition.

Aber: Nicht Merkels Kandidat!

Sie stemmt sich gegen Gauck und hat ein Argumentationsproblem. Wie soll sie einen Kandidaten ablehnen, dem sie vor ein paar Monaten noch so zum Geburtstag gratuliert hat:

Zitat Merkel:

„Sie haben sich in herausragender und, ich glaube, auch unverwechselbarer Weise, um unser Land verdient gemacht.“

Nun ja, jetzt heißt ihr Kandidat trotzdem Christian Wulff, der Kandidat aus der Mitte der CDU. Und ihre Absage an Gauck klingt fast wie die Retourkutsche an die Absage, die Gauck ihr einst gab. Damals, bei einem der ersten Treffen.

Zitat Merkel:

„Weil wir glauben, dass es in der jetzigen Zeit richtig und gut ist, jemanden als Bundespräsidenten in Deutschland zu haben, ja, der aus der Mitte der Parteien kommt und der dieses Amt nicht versteht als ein Amt, das nur gut ausgeübt werden kann, wenn es gegen oder ohne die Parteien ist.“

Das war 2010. Seitdem sind sie quitt in ihrer politischen Beziehung. Einmal hatte er sie abblitzen lassen, einmal sie ihn.

Vielleicht war auch das eine Voraussetzung dafür, dass sie jetzt schließlich zusammenfanden, natürlich über eine Kandidatur.

Zitat Gauck:

„Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben mir auch versichert, dass sie auch in anderen Zeiten beständig Hochachtung und Zuneigung zu mir empfunden haben und das Wichtige daran ist, dass Sie mir Vertrauen entgegen gebracht haben.“

 

 

{ 1 Kommentare... lese ihn oder Schreibe einen Kommentar }

  • 1
    Christian Steinberg

    Schaun mer mal, worauf sich unsere Journalisten jetzt stürzen.
    Außer Wulff ist ja die letzten 6 Wochen auf der Welt nichts passiert. Na ja, ein wenig Griechenland, aber sonst ….

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