2 Auch bei Wulff-Kritikern
sollte man mal hinter die Kulissen schauen

Mit einer vernichtenden Kritik hat die renommierte Politikberaterin und Professorin Gertrud Höhler vorgestern in einem ZDF-Gespräch das Verhalten von Bundespräsident Christian Wulff im Zusammenhang mit seinem Hauskauf kommentiert und ihm jede Eignung zur Fortführung des Amtes abgesprochen.

Im Zusammenhang mit dem ominösen Anruf Wulffs beim Bild-Chefredakteur Kai Diekmann sagte sie:

„Christian Wulff leidet in besonderer Weise am Unverwundbarkeitssyndrom, das heißt, er hat sich das Amt wie eine Beute zu Eigen gemacht. Man könnte auch sagen, was in archaischen Gesellschaften dann der Tod des Bären war, dessen Kraft auf einen übergeht, das scheint Wulffs Vorstellung von der Macht seines Amtes zu sein. Und im  gleichen Moment wo man das glaubt, beginnt man mit dem Missbrauch des Amtes, weil man die Verwundbarkeit des Amtes unterschätzt und die eigene Macht überschätzt. Aus dieser Vorstellung kam dieser Anruf. Wenn man glaubt, mit Drohungen etwas zu erreichen statt mit Versprechen, die man dann auch erfüllt,  dann ist man eigentlich selbst schon verloren.“

Auf die Frage des Redakteurs, ob, wenn aus einer „solchen Geschichte“ eine ihn (Wulff) persönlich und das Amt gefährdende Sache wird, sind die Proportionen denn dann noch gewahrt? Ist das noch Kontrollfunktion der Presse oder ist das bereits eine Hetzjagd? erwidert Professor Höhler:

„Ja, wenn wir überhaupt einmal fragen, ob die Qualifikation gestimmt hat, dann dürfen wir doch sagen, dass beim Beginn dieses Amtes ein Rivale zum Favoriten umgedeutet wurde und der Gesellschaft angeboten, Widerstände wurden abgeräumt …  (Einwurf Moderator: Sie meinen die Mitbewerbung von Joachim Gauck?) … Ich meine nicht nur die Mitbewerbung, ich meine die Bereinigung der Bundesversammlung in dem Sinne, dass genügend Stimmen zusammen kamen, wenn auch erst im dritten Wahlgang. Da ist  eine Menge getan worden hinter den Kulissen. Wenn man in dieser Weise an die Macht kommt, dann ist es erstens etwas, was die Bevölkerung nicht vergisst, es ist zweitens etwas, was man selber nicht vergisst. Und das bedeutet, man überschätzt diese Ankunft in einem Amt, von dem man insgeheim selber wusste: Das steht mir nicht zu. Und dieses Problem begleitet diesen Präsidenten und eigentlich müsste es auch im Bewusstsein derer, die in das Amt ihn gehoben haben,  langsam wieder zum Vorschein kommen.“

Dann die alles entscheidende Frage: Was würden Sie dem Mandanten Christian Wulff heute raten, um die Sache noch zu retten?

„Ich sehe nicht, dass man heute die Sache noch retten könnte. Ich kann mir nur vorstellen, dass ich in der Angelegenheit dieses trivialen Häuschens ihm von Anfang an geraten hätte: Jetzt kannst Du etwas machen, was die Deutschen besonders mögen, Du kannst als reuiger Sünder auf die Knie gehen und sagen ‚ ich hab da was gemacht, was hinten und vorne und überall nicht in Ordnung ist. Ich bin ein Sünder. Ich schäme mich. Wenn er das gemacht hätte, dann hätte er die Liebe der Deutschen gewonnen. Aber er war zu stolz, er war zu eitel, er war in seiner Selbstüberschätzung gefangen und war deshalb nicht in der Lage, die Wahrheit auf den Tisch zu bringen. Ich sehe nicht, wie man das heute ausgleichen könnte.“

Es ist besonders der Vorwurf des „zu stolz, zu eitel und der Selbstüberschätzung, die es verhindert, die Wahrheit auf den Tisch zu bringen“, der Frau Höhler mit einem Vorgang in der eigenen Vergangenheit in Verbindung bringt und bei dem sie die von Wulff geforderte Einsicht, Demut und Souveränität im Umgang damit vermissen ließ.

Im Jahr 2007 war es, dass Frau Professor Höhler in einem ihrer Häuser in Zwickau dem damaligen Landtagsabgeordneten der NPD, Peter Klose, Räume für ein Bürgerbüro vermietete. Es scheint heute noch unerklärlich, dass die als eloquente Verfechterin der Demokratie  gepriesene Politikberaterin, die bestens über Medienwirkung und Strategien Bescheid weiß, einen solchen Vertrag abgeschlossen hat. Bemerkenswert in diesem Fall auch die Auseinandersetzung zwischen der Professorin und der Universität Paderborn.

Dies zu wissen, ändert nichts daran, dass die Kritik an Christian Wulff grundsätzlich berechtigt ist, lässt aber die vernichtende Art der Kritik in einem anderen Licht erscheinen.

 

 

 

 

{ 2 Kommentare... lese sie oder Schreibe einen Kommentar }

  • 1
    Lukas Podgorny

    Ein guter Beitrag. Bei allen Forderungen nach Transparenz und Offenheit sollte man immer wieder mal nach den Motiven der Kritiker fragen. Auch wenn es wirklich an der Zeit wäre, dass Wulff Konsequenzen zieht und zurücktritt, der Weg dahin darf nicht von denen bestimmt werden, die jetzt ein Hühnchen mit ihm rupfen wollen oder die selbst Dreck am Stecken haben.

  • 2
    Ulla

    War es nicht Wullf selber, der seinen Vorgänger in Niedersachsen im Abtritt beschleunigte mit den Worten „Nur den Anschein der Vorteilsnahme sollte man verhindern“????
    Warf er nicht bei allen seinen Vorgängern ebenso mit Dreck und hob selbstgerecht den Zeigefinger? Nur daran erinnert sich keiner mehr.

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