Gesetze verfassen, die nächste Wahl gewinnen, Klimaschutz predigen und zeitgleich eine bedrohte Autoindustrie vorm Aus retten, ist mit Sicherheit ein Balanceakt. Unsere Politiker stehen in einem Kreuzfeuer auf dünnen Seilen. Recht machen können sie es nie und nimmer allen Seiten.
Doch sie könnten ja zumindest als perfekte Vorbilder für uns alle an den Start gehen: mit Fahrzeugen, die sie mit niedrigen CO2-Emissionen im Dienste von uns „Volk“ befördern. Aber auch das scheint nicht so recht zu funktionieren…
Bitte nicht nachmachen …
… wäre mein Textvorschlag für so manches Dienstwagenfahrzeug unserer Volksvertreter. Rot, warnend, riesig, sollte es auf allen Klimakiller-Limousinen der Politiker prangen. Sie predigen Wasser und trinken Wein, könnte man es lyrisch umschreiben. Aber eigentlich ist hier eher Klartext angebracht. Mit der Aussage, so kann das nicht funktionieren.
Einfügung der Redaktion: Und das sind die Fahrzeuge unserer Damen und Herren Minister.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus gehört zu den besonders CO2 freudigen Dienstwagennutzern. Mit 340 g/km wird er nur von Hessens Volker Bouffier (348 g/km) übertroffen) – und der sollte doch tunlichst Opel fahren – oder?
So zeigt die auch die inzwischen dritte Dienstwagen-Erhebung der Deutschen Umwelthilfe wenig Einsicht in die eigene Vorbildfunktion. Fast das komplette Bundeskabinett ist weiterhin mit übermotorisierten Klimakiller-Limousinen unterwegs. Die Spitzenwerte liegen durchweg im Bereich des Doppelten der für 2008 auf EU-Ebene festgelegten CO2-Zielwerte.
Aber es zeigt sich auch Licht in den Reihen unserer „Vorbilder“. Dass es tatsächlich auch anders geht, beweisen die Umweltsenatorinnen von Berlin und Hamburg, die ihre persönliche Vorbildfunktion im Klimaschutz ernst nehmen und mit ihren Dienstlimousinen bereits den in Zukunft verbindlichen EU-Zielwert von 120 Gramm CO2 pro Kilometer (g CO2/km) einhalten.
Und wie offen gehen wohl unsere direkten Vertreter mit diesem Thema um? Geben sie bereitwillig Auskunft über die CO2-Emissionen ihrer Dienstlimousinen. Auch hier hapert es offensichtlich. Abgesehen von Jens Böhrnsen (Bremen, SPD) und Peter Müller (Saarland, CDU) machen sie eine Art „Staatsgeheimnis“ um diese scheinbar sensiblen Daten. Hier sollen gar Verwaltungsgerichte tätig werden, und eine Veröffentlichung erzwingen.
Eine wahrhaft vorbildliche Fahrzeugwahl …
… trafen übrigens zwei Landesministerinnen. Die Berliner Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) und ihre Hamburger Kollegin Anja Hajduk (Grüne) entschieden sich für Hybridfahrzeuge (Toyota Prius) mit einem CO2-Ausstoß von 104 g CO2/km und beweisen so, dass die Einhaltung der künftigen EU-Zielwerte problemlos möglich ist. Auch bei anderen Landesumweltministern, wie etwa Stefan Mörsdorf (CDU) im Saarland, Till Backhaus (SPD) in Mecklenburg-Vorpommern, Petra Wernicke (CDU) in Sachsen-Anhalt und Hans-Heinrich Sander (FDP) in Niedersachsen war die Tendenz nach einem Wechsel des Dienstwagens im vergangenen Jahr positiv, auch wenn deren CO2-Emissionen nach Überzeugung der DUH weiter inakzeptabel hoch sind.
Als erfreulich bezeichnete Resch auch die Reaktion des Bundesumweltministeriums auf die Dienstwagen-Erhebungen der DUH. Bereits vor der diesjährigen DUH-Anfrage übermittelte das BMU eine Bilanz, wonach der durchschnittliche CO2-Ausstoß des gesamten BMU-Fuhrparks inzwischen bei 154 g CO2/km liege. Minister Sigmar Gabriel nutzt selbst einen Vorserien-Mercedes S 400 Hybrid mit einem Klimagasausstoß von 188 g CO2/km.
Abschließend heißt es: „Trotz erfreulicher Ausnahmen und insgesamt leicht rückläufiger Spritverbräuche der Dienstlimousinen, ist die Mehrheit unserer Spitzenpolitiker noch weit entfernt von einer Vorbildrolle in Zeiten des Klimawandels“, sagte Resch. Mit ihrem in Bonn eingesetzten Audi A8 4.2 FSI quattro (259 g CO2/km) führe Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) nach wie vor die Klimakiller-Liste unter den Bundesministern an, dicht gefolgt von Justizministerin Brigitte Zypries (ebenfalls SPD) mit ihrem VW Phaeton V6 TDI (240 g CO2/km). Bei den Landesumweltministern liegen der thüringische Umweltminister Volker Sklenar (CDU) und sein schleswig-holsteinischer Kollege Christian von Boetticher mit ihren Audi A8 4.2 TDI (249 g CO2/km) an der Spitze des Negativ-Rankings.
Der Rest der Erhebung muss spekulativ bleiben. Denn es sei wahrscheinlich, dass die größten Klimasünder unter den Regierungschefs der Länder, zu finden seien. Hier würde man bisher fast geschlossen jede Auskunft verweigerten. „Da vermute ich reihenweise Fahrzeuge, deren Motorisierung an die der schwersten Lkw heranreicht, die auf deutschen Straßen zugelassen sind – und an deren Klimabelastungen“, sagte Resch.
Bedenklich nannte es Resch auch, dass gerade unter den Bundesministern bei der Auswahl der Dienstwagen trotz des zwischenzeitlichen Angebots ministertauglicher Limousinen aus deutscher Produktion mit CO2-Werten unter 140 g/km immer noch ohne Not völlig übermotorisierte Versionen angeschafft würden. „Hier geht das Schaufahren gegen den Klimaschutz munter weiter“, so Resch.
Nicht überraschend sei auch die überwiegend landsmannschaftliche Festlegung der Spitzenpolitiker für Fahrzeuge aus ihren jeweiligen Heimat-Bundesländern. So entscheiden sich CSU-Politiker für BMW oder Audi, baden-württembergische Spitzenpolitiker seien auf Mercedes festgelegt und die Niedersachen fühlten sich VW verpflichtet. Zwischenzeitlich böten aber auch diese Unternehmen CO2-reduzierte Modelle an – nur die Spitzenpolitiker wollten davon offensichtlich nichts wissen.
„Erstaunlich ist, dass nach der monatelangen Diskussion über klimafreundliche Pkw und alternative Antriebe, nicht mehr Politiker ihre Prominenz und Vorbildrolle nutzen, um solche innovativen Fahrzeuge öffentlich ein- und vorzuführen“, sagte Resch. Der DUH-Geschäftsführer forderte das Bundeskabinett und alle Länderkabinette auf, verbindliche Beschlüsse darüber herbeizuführen, spätestens ab 2010 mit ihren persönlichen Dienstwagen die aktuell geltenden EU-Zielwerte für CO2 von 140 g/km einzuhalten. Dies werde dazu führen, dass die bundesdeutschen Autobauer ihr derzeit noch sehr überschaubares Angebot an weniger klimaschädlichen Modellen für den gehobenen Dienstwagenmarkt kurzfristig erhöhen würden, erwartet Resch.
Und hier folgert Resch folgerichtig: Bei der Frage der Motorisierung des politischen Spitzenpersonals gehe es nur vordergründig um Symbolik. Tatsächlich bestimmten die Minister mit ihrem Vorbild sehr real mit darüber, welche Dienstwagen in Firmen aber auch welche Privat-Pkw morgen gekauft werden.
(DUH = Deutsche Umwelthilfe)
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