0 Witz oder gezielte Vermeidungsstrategie?
Antwort der EU-Generaldirektion Umwelt

Die EU-Bürgerkonsultation ist bereits beendet !!!
Der Artikel wurde nur deshalb noch einmal nach vorne geholt, weil ZEIT online das Thema auf facebook erneut gepostet hat.

Heute ist der letzte Tag, an dem die Bürger der EU die Möglichkeit haben, sich zur Frage der Vermeidung von Plastikmüll durch die Reduzierung oder das Ende der Nutzung von Plastiktragetaschen im Rahmen einer EU-Bürgerkonsultation zu äußern.

Es ist allerdings nicht nur das Ende des Teilnahmezeitraums, das vielen Bürgern die Teilnahme unmöglich machen wird oder unmöglich gemacht hat. Viel bedeutender für eine (möglicherweise) geringe Bürger(!)beteiligung dürfte die Tatsache sein, dass der Fragebogen der EU-Bürger(!)konsultation NUR in englischer Sprache zur Verfügung stand.

Am 17. Juli haben wir, nachdem die zuständigen bundesdeutschen Ämter und Ministerien ihre Nichtzuständigkeit mit dem Hinweis auf die EU-Generaldirektion Umwelt erklärt hatten, bei der EU-Generaldirektion Umwelt auf diesen Mangel hingewiesen und um eine Verlängerung des Teilnahmezeitraums und die zur Verfügungstellung von Übersetzungen des Fragebogens gebeten.

Heute haben wir nun die Antwort der EU-Generaldirektion erhalten und wir fragen uns tatsächlich, ob diese Antwort schlicht unbedacht ist oder ob es sich tatsächlich um eine Vermeidungsstrategie im Sinne stärkerer Interessengruppen handelt.

Hier das
PDF-Dokument der E-Mail
der EU-Generaldirektion Umwelt vom 09.08.2011

Zunächst der Text unserer Anfrage:

EU-Bürgerkonsultation Plastiktragetaschen
http://ec.europa.eu/yourvoice/ipm/forms/dispatch?form=PLASTICBAGS

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat uns empfohlen, unser Anliegen direkt bei Ihnen vorzubringen, um den von diesem Ministerium bereits mehrfach und – offensichtlich – erfolglos vorgetragenen Hinweis auf die Berücksichtigung der deutschen Sprache bei Internetkonsultationen auch einmal direkt aus den Reihen interessierter Bürger zu geben.

Diesen Gedanken greifen wir gerne auf, insbesondere auch deshalb, weil wir die Begründung, die Sie dem BMELV zu diesem Hinweis gegeben haben, für nicht ausreichend halten, zumal es in den FAQ zu den Durchführungsregeln, die sich EU-Kommission gesetzt hat, u.a.  heißt:

“Sprachen, in denen unterschiedliche Informationen auf der Internetseite EUROPA übersetzt werden”:
„Gesetzgebung und Dokumente von politischer Bedeutung werden in allen Sprachen veröffentlicht!“

Da Sie alle zu den gewählten Vertretern der Bürger Europas gehören und Ihre Ämter und Funktionen dem Ergebnis von Wahlen verdanken, halten wir eine Bürgerbefragung für eine Maßnahme von ausgesprochen politischer Bedeutung und können nicht nachvollziehen, warum der Fragebogen zu einer Bürgerkonsultation nur in englischer Sprache angeboten wird.

Wir sind deshalb der Meinung:

Wenn Sie es ernst meinen mit einer EU-Bürgerkonsultation zu den „Möglichkeiten, die Verwendung von Plastiktragetaschen zu reduzieren und die Anforderungen an biologische Abbaubarkeit zu verbessern“ und wenn Sie außer den Meinungen gewerblicher Interessenvertreter auch die Meinung von möglichst vielen Ihrer Wähler erfahren wollen, dann liefern Sie den Fragebogen zur Konsultation in allen Sprachen der EU und verlängern Sie die Laufzeit der Konsultation.

Danke und freundliche Grüße aus Frankfurt am Main

Dieter Klemke
diebuergerlobby.de

Und nun die Antwort der EU-Generaldirektion Umwelt:

DE

Sehr geehrte Damen und Herren,

In Beantwortung Ihrer Bedenken hinsichtlich der Konsultation über ein Dokument, das nur in englischer Sprache zur Verfügung steht, möchten wir Ihnen versichern, dass die Kommission bestrebt ist, so weit als möglich ihre öffentlichen Konsultationen mehrsprachig anzubieten. Leider ist dies nicht immer machbar aufgrund der beschränkten Ressourcen für Übersetzungen. Die Kommission bedauert diese Situation und arbeitet daran, die Auswirkungen in Grenzen zu halten. Dennoch möchten wir unterstreichen, dass alle Bürger und Organisationen in der Europäischen Gemeinschaft das Recht haben, sich in ihrer Muttersprache an die Kommission zu wenden. Die Dienststellen der Kommission sind verpflichtet, jedwede Korrespondenz sowie Beiträge ohne Diskriminierung entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

Mit freundlichen Grüßen,

Das Team der Konsultation zu Verpackungsthemen
Generaldirektion Umwelt

Eine im doppelten Sinn bemerkenswerte Antwort, denn es wird (ernsthaft „wir möchten unterstreichen“) darauf aufmerksam gemacht, „dass alle Bürger und Organisationen in der Europäischen Gemeinschaft das Recht haben, sich in ihrer Muttersprache an die Kommission zu wenden“ – bei einem Fragebogen, der nur in englischer Sprache angeboten wird und der deshalb von vielen Bürgern erst gar nicht verstanden wird.

Auf unsere Frage nach einer Verlängerung der Frist wird überhaupt nicht eingegangen. Man ist wohl der Meinung, dass der Hinweis auf die „beschränkten Ressourcen“ eine ausreichende Erklärung dafür ist, dass den Bürgern, den Wählern, den Menschen, für die alle Regierungen und Kommissionen überhaupt da sind, keine vernünftige Möglichkeit geboten wird, an einer Bürgerbefragung teilzunehmen.

Da scheint uns die Frage nach einer (bewussten) Vermeidungsstrategie absolut berechtigt, denn dass „auf den Fluren von Brüssel“ viele Interessenvertreter der Industrie unterwegs sind und Lobbyverbände viele Millionen ausgeben, um ihren Einfluss bei den Abgeordneten geltend zu machen, das ist nicht erst seit der Diskussion um die Lebensmittelampel bekannt.

 

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