Kein Namensschild an der Klingel, keine Hinweistafel am Eingang. Wer sich in ein Frauenhaus flüchten will, ist im wahrsten Sinne des Wortes geschlagen. Fester Grundsatz ist, dass kein Mann in so einer Einrichtung auftauchen darf. Einlass wird nur Frauen und Kindern gewährt.
Seit 1976 gibt es in Deutschland Frauenhäuser, in denen Unterschlupf denjenigen gewährt wird, die von ihrem Ehemann, Partner oder auch Vater bedroht oder mißhandelt wurden – ausgerechnet dort, wo man sich am sichersten fühlen sollte: daheim. Diese Einrichtungen für verzweifelte Frauen, die weder ein noch aus wissen, entstanden in Deutschland im Zuge der Frauenbewegung in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als 400 solcher Einrichtungen. Etwa 2/3 sind in kommunaler oder kirchlicher Trägerschaft, die restlichen sind bei verschiedenen Wohlfahrtsverbänden angegliedert.
Gewalt in jeder vierten Beziehung
An Aktualität hat das traurige Thema der Gewalt gegen Frauen leider nichts verloren. Immer noch wird jede vierte, in einer Beziehung lebende Frau Opfer von roher Gewalt – und nicht selten auch Kinder. In einem Frauenhaus finden Frauen Obdach, Hilfe und Beratung, die von ihren Männern oder Partnern längst nicht mehr Liebe, sondern Hiebe erfahren.
Schläge, weil ER verzweifelt ist
So wie Karla H. Die Mitfünfzigerin, eine patente, pragmatische Frau, die drei mittlerweile erwachsenen Kindern das Leben geschenkt hat. Nachdem die zwei Töchter und der Sohn aus dem Haus waren, wurde ihr Mann mit der neuen Situation nicht mehr fertig. Hinzu kam seine Arbeitsunfähigkeit, in die er unverschuldet hineinschlitterte. Er fing an, sein Minderwertigkeitsgefühl in Alkohol zu ertränken. Der Suff enthemmte ihn gänzlich. Seine Unzufriedenheit und Wut liess er an seiner Frau aus. Zuerst kamen Verbalattacken, bald hagelte es Schläge. Karla schwieg und erduldete alles
Blaue Flecken vom „Treppensturz“
Irgendwann merkte aber der Sohn bei einem seiner seltenen Besuche, dass im Elternhaus irgendwas nicht stimmte: die Mutter hatte immer wieder blaue Flecken, die sie mit einem „Treppensturz“ erklärte, den gebrochenen Arm habe sie sich bei einem „Fahrradunfall“ zugezogen. Und dann wurde ihm klar, dass Mutters Verletzungen mit Vaters Alkoholkonsum zu tun haben. „Wenn er dich noch einmal anrührt“, sagte er zur Mutter, „schlage ich ihn tot!“. Da bekam Karla noch mehr Angst – jetzt nicht nur vor dem brutalen Mann, sondern auch um ihren Sohn. Als der Mann ihr einmal das Nasenbein brach, flüchtete sie in ihrer Not in ein Frauenhaus.
Leider kein Einzelfall
Eine Geschichte des Martyriums wie viele andere. „Viele Frauen haben nicht den Mut zu kommen, oft wollen sie auch keine Polizei einschalten“, erzählt die Leiterin eines Frauenhauses in Hessen. „Sie bringen es nicht fertig, weil sie denken, was in den eigenen vier Wänden passiert, geht niemanden etwas an“. Die Heimleiterin und Diplompädagogin hört immer wieder von dem Teufelskreis, in dem diese Frauen stecken. Die Malträtierten ducken sich, ertragen die Schläge und Demütigungen und leiden still in sich hinein.
Kein Mitleid, sondern Mittel
Und nun müssen im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen viele der segensreichen Einrichtungen mit großen finanziellen Problemen kämpfen. Viele sind sogar gänzlich auf Spenden aus der Bevölkerung angewiesen. Helfen Sie ihnen zu überleben. Informieren Sie sich: auch in Ihrer Nähe gibt es sicher ein Frauenhaus, in dem die Geschundenen vorübergehend Zuflucht, Sicherheit und Ruhe gefunden haben. Sie brauchen kein Mitleid, sondern Mittel.
/eg
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