So lautet – radikal verkürzt – die Forderung all derer, die gegen eine Zugangssperre von Internetseiten mit kinder-pornografischem Inhalt sind. Das ist – zugegebenermaßen – sehr sarkastisch und entspricht sicher nicht dem Denken dieser Menschen. Doch schauen wir uns die Argumente der Gegner im Einzelnen an, dann bleibt leider nicht viel übrig, das nicht mindestens wieder diskutiert werden müsste.
Aktuelles Beispiel für die Argumentation der Zugriffssperren-Gegner ist ein Beitrag auf Spiegel online, in dem der Verfasser, Christian Stöcker (stellvertretender Leiter des Ressorts Netzwelt), sieben Argumente gegen Internetsperren anführt.
In der Einleitung zu seinen Argumenten zitiert Stöcker die EU-Kommissarin für Inneres zum Thema Kinderpornografie, Cecilia Malmstöm, und spricht in diesem Zusammenhang von „der gleichen aggressiv-diffamierenden Rhetorik ….“.
Wir haben auf der Seite von Frau Malmström (dt. Übersetzung) weder Beispiele für eine aggressive noch für eine diffamierende Rhetorik gefunden.
Wenden wir uns den Argumenten zu:
Argument 1:
„Der Großteil aller kinderpornografischen Inhalte, die weltweit vertrieben, getauscht und angesehen werden, stammt nicht von frei verfügbaren Websites.“
Was ist ein Großteil? Ab welcher Prozentzahl ist der Großteil so groß, dass der Rest nicht mehr relevant ist? Auf der Suche nach einer Antwort fanden wir das Beispiel der Eisberge. Je nach Dichte des Eises liegt der Großteil eines Eisbergs zwischen 70 und 85 % unter Wasser. Das heißt im Umkehrschluss: bis zu 30 % sind über Wasser.
30 % frei zugängliche Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt – irrelevant? Und wenn es nur 5 % wären – einfach hinnehmen?
Argument 2:
„Der Fokus liegt falsch. Es ist durchaus möglich, illegale Inhalte sehr schnell aus dem Netz zu tilgen. Das belegt eine erstaunlicherweise unter Politkern immer noch weitgehend unbekannte Studie der Universität in Cambridge.“
Das ist durchaus zutreffend. Bei der Bekämpfung der Internetkriminalität insgesamt und der Kinderpornografie insbesondere spielen Ressourcen eine wichtige Rolle. Ressourcen technischer und personeller Art. Umso bemerkenswerter ein Beitrag von FAZNET zu diesem Thema, in dem mittels eines praktischen Beispiels gezeigt wird, dass es um die viel gepriesene Möglichkeit der schnellen Löschung von Webseiten gar nicht gut bestellt ist. Bei allen Schwierigkeiten, die es im Dialog mit den Providern gibt, warum bittet man sie nicht pauschal zur Kasse? Sie verdienen schließlich auch an diesen Seiten.
Argument 3:
„Die wenigen Kinderpornografie-Websites, die es tatsächlich gibt, werden überwiegend nicht auf Servern in irgendwelchen obskuren osteuropäischen oder zentralafrikanischen Staaten vorgehalte ….“ und „Dass ausgerechnet die USA sich nun weigern sollten, Kinderporno-Anbieter zur sofortigen Löschung von Seiten zu zwingen, erscheint mehr als unwahrscheinlich“.
Mit dem ersten Teil der Argumentation – was soll der eigentlich sagen? – wollen wir uns nicht wirklich auseinandersetzen, er würde dadurch über Gebühr aufgewertet. Deshalb von uns nur der Hinweis auf eine Veröffentlichung von Heise online über die Arbeit der UN-Sonderbeauftragten für Kinderprostitution und -pornografie Najat M’jid Maalla und eine Veröffentlichung der UN-Vollversammlung.
Der zweite Teil hingegen lässt einen wichtigen Aspekt außer Acht, der nach unserer Ansicht jedoch unbedingt zu bedenken ist: Die unterschiedlichen Rechtslagen in Deutschland, den USA und vielen anderen Ländern. Die Fragen dazu lauten z.B. „bis zu welchem Alter ist ein Mensch Kind?“, „ab welchem Bildausschnitt wird ein Foto zur Pornografie?“, „ab wann steht Sexualität reißerisch im Mittelpunkt?“ etc.
Argument 4:
„Dass das Sperren von Kinderpornografie-Websites „Zensur“ sei, behaupten auch die Gegner der Blockade nicht. Sie befürchten nur, dass die Infrastruktur, die dafür errichtet wird, auch für andere Zwecke eingesetzt werden könnte.“
ABER:
Wir leben in einem freiheitlich demokratischen Land, haben eine unabhängige (weitgehend) und kritische (ebenfalls weitgehend) Presse und aufmerksame und informierte Bürger. Ein wenig Vertrauen in das Funktionieren der Demokratie und die gewählten Vertreter sollte schon sein – oder? Außerdem, warum soll für das Internet nicht das Gleiche gelten wie für die übrigen Medien, sittenwidrige Inhalte sind nicht zugelassen?
Argument 5:
„Den Sperren-Kritikern hierzulande ging nicht zuletzt eines gegen den Strich: Das Bundeskriminalamt sollte zum obersten Kontrolleur des Mediums Internet gemacht werden.“
Richtig, wenn ein Exekutivorgan sich selbst kontrollieren soll, dann wird es kritisch.
ABER:
In Deutschland regelt Artikel 20 Abs. 2 die Gewaltenteilung. Danach gibt es Legislative, Exekutive und Judikative. Und dann ist da noch die sogenannte vierte Gewalt, die Presse. Unter diesen Voraussetzungen kann durch eine offene Diskussion bestimmt sichergestellt werden, dass auch die unbedingt erforderliche und unabhängige Kontrolle verfassungsgemäß erfolgt.
Argument 6:
„Das entscheidende Argument aber ist: Web-Sperren bringen einfach nichts.“
Schade, ausgerechnet das entscheidende Argument ist komplett falsch!
Web-Sperren bringen auf jeden Fall etwas! Der bis dahin reibungslose Zugang zu den Pornoseiten klappt eben nicht mehr reibungslos. Stattdessen steht da ein Hinweis nach dem Motto „Nur noch ein Klick bis zur kriminellen Handlung!“
Argument 7:
„Und schließlich: Nützlich sind die Sperren für die Betreiber der Seiten selbst. Sie teilen den Kriminellen nämlich mit, dass man ihnen auf der Spur ist.“
Ein Argument das schwächelt.
ABER:
Stimmt! Und genau das sollen sie auch wissen – man ist ihnen auf der Spur. Und die Sperre ihrer Seite ist nur ein Schritt von vielen, um ihnen ihr schmutziges Handwerk zu legen.
Die unkontrollierte Freiheit des Internets hat die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen in eine neue und gigantische Dimension wachsen lassen. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen bezifferte den inzwischen zu einem Wirtschaftszweig ausgewachsenen Bereich der Kriminalität als einen Milliardenmarkt.
Anstatt einzelne Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser Kriminalität in ideologischen Diskussionen zu diskreditieren, sollten unsere Bemühungen ausschließlich dahin gehen, jedes wirksame Instrument zur Erschwernis und Verhinderung zu nutzen und bestmöglich weiterzuentwickeln.
Links zum Thema:
Virtual Global Taskforce (Internationale Arbeitsgemeinschaft zum Kampf gegen den Missbrauch von Kindern)
Initiative D21 Bündnis gegen Kinderpornografie
Polizei-Beratung Was tun wenn man Kinderpornografische Seiten im Internet findet?
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