In unserem Beitrag „Zahlreiche (verurteilte) Neonazis tauchen ab – Wo bleibt die Steckbrief-Fahndung?“ haben wir mehrere Fragen formuliert um genauer zu erfahren, wann es zu einer Steckbrieffahndung für verurteilte und abgetauchte Neo-Nazis kommt.
Jetzt haben wir die erste Antwort auf unsere Fragen vom LKA Hessen erhalten.
Sehr geehrter Herr Klemke,
vielen Dank für Ihre Anfrage an uns.
- Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit aus einer Straftat wie beispielsweise „dem Zündeln an, um und in einer Flüchtlingsunterkunft“ oder der „schweren Körperverletzung eines schwarzen Menschen“ eine Straftat mit rechtsextremistischem oder rassistischen Hintergrund wird?
Der Politisch motivierten Kriminalität werden Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
- sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten,
- sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben,
- durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
- gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind
und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein wegen rechtsextremistischer, rassistischer oder fremdenfeindlicher Straftaten verurteilter Täter zur Öffentlichkeitsfahndung ausgeschrieben wird?
- Diese Frage betrifft Ihr Amt nur indirekt, da ich in Hessen keinen vergleichbaren Fall kenne – deshalb dann auch die vierte Frage.
Beide Fragestellungen zielen im Kern darauf ab, in welchen Fällen eine Öffentlichkeitsfahndung durchgeführt wird.
Dazu ist zu sagen, dass die Einleitung einer Öffentlichkeitsfahndung verschiedene Kriterien erfüllen muss. Zum einen unterliegt sie naturgemäß einer Einzelfallprüfung. Weiterhin müssen bei der jeweiligen Entscheidung ermittlungstaktische Aspekte berücksichtigt werden. D.h. die sachbearbeitende Dienststelle bewertet im konkreten Einzelfall den zugrunde liegenden Sachverhalt sowie alle Fahndungsaspekte und entscheidet dann über Art und Umfang der Fahndungsmaßnahmen.
Öffentliche Fahndungsaufrufe (z.B. im Internet oder mittels Plakatfahndung) werden mit der Justiz abgestimmt, da in diesen Fällen ein Beschluss nach § 131 StPO erforderlich ist. Eine pauschale Beantwortung der Fragen 2 und 3 ist deshalb nicht möglich.
- Gibt es für Hessen, ähnlich wie für Bayern eine genaue Zahl untergetauchter und/oder verurteilter Rechtsextremisten?
Mit Stand der letzten Erhebung vom 23.09.2015 wurden in Hessen 18 Personen aus dem Phänomenbereich PMK -rechts- mit Haftbefehl gesucht. Diese Zahl wird technisch durch einen Abgleich rechtsextremer Straftäter mit dem aktuellen Fahndungsbestand erhoben. Mit Stand 26.02.2016 konnte bei neun Personen der vorliegende Haftbefehl vollstreckt werden. Erkenntnisse zu verurteilten Rechtsextremisten liegen hier nicht abschließend vor. Eine dementsprechende Auskunft obliegt den jeweiligen Staatsanwaltschaften.
Wenn Sie Rückfragen haben, melden Sie sich gerne bei uns.
Mit freundlichen Grüßen
N.N.
Hessisches Landeskriminalamt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
P 11 – Pressestelle
Hölderlinstraße 1-5, 65187 Wiesbaden
Tel.: 0611/83-8111 oder -8119
Fax.: 0611/83-8115
Mail:
{ 0 Kommentare... }