0 Medaillenwahn =
Dopingförderung durch DOSB?

So könnte eine Schlussfolgerung aus der Zielvereinbarung lauten, die der DOSB mit dem Deutschen Leichtathletik Verband getroffen hat. Nach einer Meldung der WAZ – die allerdings auch in anderen Medien auftaucht – gilt:

Acht Medaillen müssen die deutschen Leichtathleten bei den Spielen in London holen, zwei davon in Gold. So wurde es 2008 beschlossen. So sollen es die Athleten ausführen. Bei Nichterfüllung des Planes drohen drastische Konsequenzen: Geldentzug, Trainerentlassungen.

Die oben genannten Vorgaben sollten von den entsprechenden Stellen mit allen Mitteln geheim gehalten werden, haben aber offensichtlich doch den Weg an die Öffentlichkeit gefunden.

So schreibt die Rhein Pfalz über die Zielvereinbarung der Schwimmer:

Sechs Medaillen für Steffen, Biedermann und Co. sieht die Zielvereinbarung mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vor. So viel Edelmetall haben die deutschen Beckenschwimmer, die im vergangenen Jahr mit fünfmal Bronze in Shanghai ihre schlechteste WM-Bilanz verbucht hatten, seit 1996 bei Olympia nicht mehr gewonnen.

Der Stern schreibt über die Hockey-Teams

Die deutschen Hockey-Asse wollen in London ihrem Ruf als Edelmetall-Garanten wieder alle Ehre erweisen. Die mit der Optimalförderung durch den Bund verbundene Zielvereinbarung für das Olympia-Turnier lautet klipp und klar: Zwei Medaillen, davon eine in Gold.

Die Situation der Hockeyfrauen wird auch durch ein Interview deutlich, dass der Trainer der Frauen-Nationalmannschaft mit dem Spiegel geführt hat. Die erfolgreichen deutschen Hockeyfrauen (Gold bei Olympia in Athen 2004, zweimal olympisches Silber ’84 und ’04, regelmäßige Topplatzierungen bei Weltmeisterschaften) haben kein Geld, um bei Trainingslagern im Hotel zu wohnen. Trotzdem heißt die Vorgabe für London – Gold!

Bei aller Geheimniskrämerei um die – unbestritten – bestehenden Vorgaben fällt uns besonders auf, dass die Politik versucht, ihre Einflussnahme auf diese Vorgaben mindestens „klein zu halten“, am liebsten aber ganz abzustreiten.

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) schreibt dazu in ihrer online-Ausgabe

Das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium (BMI)  schreibt auf Anfrage, es gebe keinen Automatismus, keinen Zusammenhang zwischen Medaillenvorgaben und künftiger finanzieller Förderung.

Trotzdem wehren sich nach den WAZ-Erkenntnissen DOSB und Innenministerium gegen jede Transparenz:

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung hat vor 14 Monaten mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes Einsicht in die Zielvereinbarungen der Verbände beantragt. Bis heute wehren sich Ministerium und DOSB mit allen Mitteln gegen Transparenz – selbst vor Gericht. Derzeit ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängig.

Kehren wir nach dieser kurzen, unvollständigen und sicher auch oberflächlichen Exkursion über die Hintergründe der Finanzierung des Spitzensports zurück zu unserer Eingangsfrage:

Fördern DOSB (und Innenministerium) mit ihrer undurchsichtigen Mittelvergabe das Doping?

Sicher nicht in dem Sinne, dass sie die Entwicklung neuer, noch nicht bekannter Substanzen fördern oder aktiv dabei helfen, dass Vertuschen zu erleichtern. Was aber ist mit dem durch sie ausgelösten Medaillenwahn? Mit der Verknüpfung von Sportförderung und einem Erfolg, der sich in der Zahl der gewonnenen Medaillen bemisst?
Wird ein solches System nicht über kurz oder lang dazu führen, dass man versucht, dem Erfolg nachzuhelfen?

Wenn nur gefördert wird, wer Gold/Silber/Bronze bringt, dann wir auch immer weiter gedopt werden.

Wie wäre es, wenn statt dessen (oder sowohl als auch) die Verbesserung deutscher Rekorde und die Steigerung persönlicher Bestleistungen bei olympischen Spielen und internationalen Meisterschaften den zukünftigen Fluss von Fördergeldern sichern würden? Es wäre ein Leichtes, die Zielvereinbarungen entsprechend zu verändern und das dürfte dann auch die Schaffung von mehr Transparenz erleichtern.

Helmut Schmidt sagte 1975 anlässlich einer Versammlung des deutschen Sports in der Frankfurter Paulskirche:

„Die Anzahl von Medaillen sagt nichts aus über die Freiheit und die Gerechtigkeit in einer Gesellschaft.“

Vielleicht ist es gut, diesen Satz wieder ins Bewusstsein von Politikern und Sportfunktionären zu rufen.

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