Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung versucht sich im Teppichschmuggel. Das kann er, weil er Chef eines Ministeriums ist, das er eigentlich auflösen wollte, das sich aber zwischenzeitlich als Auffanglager für FDP-Freunde in Arbeitsplatzgefahr bewährt hat. Das alles – nicht mehr als ein Missverständnis? Kein Grund, einen Ehrenkodex für Politiker zu fordern, sagt der Bundestagspräsident. Minister Niebel als Meister der vierten Loyalität – der Loyalität zu sich selbst. Das heißt: „Wenn’s die Möglichkeit gibt, einen persönlichen Vorteil mitzunehmen, dann mach ich das!“
Wie sagte Dirk Niebel im am 14. Februar 2002 im Deutschen Bundestag:
„Wir müssen die Schwachen vor den Faulen schützen.“
(um das Zitat im Wortlaut zu finden scrollen auf Seite 22221)
Wir sollten Dirk Niebel an dieses Zitat und seine damit verbundene Bereitschaft, die Gesellschaft vor Nassauern und Nutznießern zu schützen, erinnern. Nach dem Motto: “ Wir müssen die Bürger vor Rosstäuschern schützen.“ Und die Bundeskanzlerin sollten wir fragen, ob sie es vertreten kann, dass ein Minister (der sein Ministerium zu einer anderen Zeit auflösen wollte) noch tragfähig ist, wenn er dieses Ministeramt dann nutzt, um einen Teppich zu schmuggeln – auch wenn dies, wie er sagt, ein Missverständnis ist. Und auch „wenn was in Ordnung zu bringen ist“, in Ordnung gebracht wird.
Wir sollten aber auch den Bundestagspräsidenten fragen, ob er immer noch der Meinung ist, dass ein Ehrenkodex für Abgeordnete und Minister unnötig ist.
Dies umso mehr, als auf einem anderen Feld, dem der Steuerpflicht und Steuergerechtigkeit – im konkreten Fall „Gewinne aus unsinnigen Spielen“ – Menschen durch die Instanzen der deutschen Finanzgerichtsbarkeit getrieben werden und am Ende der Jagd Privatinsolvenz anmelden müssen. So geschehen mit einem Millionengewinner aus der RTL II-Serie „Big-Brother“.
Wie soll man jungen Menschen erklären, was hier stattfindet?
Wie passt es zusammen, dass erschlichene Doktortitel nicht sofort zur Suspendierung führen?
Wie erklärt man, dass die Einrichtung eines Korruptionsregisters seit Jahren systematisch verhindert wird?
Warum werden ausgerechnet etliche Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses im Bundestag mit Agrarsubventionen bedacht und diese werden nicht als meldepflichtige Einkünfte bewertet?
Es gibt so vieles, das nicht zu den Sprüchen von mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit passt. Es gibt so vieles, das nach „eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ klingt. Das wollen wir nicht mehr!
Die Bürgerlobby ist (noch) nur ein kleiner Stachel im Fleisch von Politik und Wirtschaft (vielleicht deshalb nimmt man uns bei der Finanzbehörde unsere Ernsthaftigkeit nicht ab), trotzdem wollen wir – wie abgeordnetenwatch (sie haben im Jahr 2002 die fragwürdigen Subventionsvergaben personalisiert) oder foodwatch ( sie entlarven die Panscher, Betrüger und Werbelügner aus der Nahrungsmittelindustrie) – einen Beitrag dazu leisten, dass die Damen und Herren in Politik und Wirtschaft ihre (bisher noch) hohlen Sprechblasen mit mehr Wahrhaftigkeit füllen.
Wir haben einen neuen Bundespräsidenten, wir haben die Piraten, wir haben das Internet, wir haben einen freien Willen, wir können etwas tun: mitmachen – einmischen – verändern!
Ich hätte auch noch ein Mantra der Politik, dem sich die Bürgerlobby annehmen könnte: Bürokratieabbau. Das wird parteiübergreifend vor jeder (Bundestags-)Wahl propagiert, aber am Ende bleibt das Gefühl, dass jedes Jahr mehrere neue Bürokratiemonster geschaffen werden.