0 Auch ein Jauch…
… macht Talk noch nicht politisch brisant

Den Namen nach sprach einiges für Qualität: Der hochgeschätzte und über der Kritik stehende Altbundeskanzler Helmut Schmidt, die Wunderwaffe des deutschen Fernsehens Günter Jauch und Peer Steinbrück, der politische Tausendsassa, der zwar sein Bundestagsmandat bei vielen Sitzungen nicht wahrnehmen kann, weil er andernorts hoch dotierte Vorträge halten muss, der aber trotzdem nach und nach zur Lichtgestalt (und zum Kanzlerkandidaten?) der SPD wird – nicht zuletzt dank Helmut Schmidt.

Es hätte also ein spannender Sonntagabend werden können, wurde aber leider nur ein seichtes Geplauder.

In einer Vorschau zur Sendung hieß es:  „Es ist eine Krise der Politik und weniger eine Krise des Euro: So sehen es Altkanzler Helmut Schmidt und sein Parteifreund, der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.“ und „Schmidt und Steinbrück haben längst klare Positionen zur Krise von Wirtschaft und Politik.“

Jauch hätte die Runde zum Beispiel mit Fragen nach einer Lösung der Krise der Politik oder einer Frage zu diesen klaren Positionen eröffnen können. Statt dessen fragte er in bester Talkshowmanier: „Herr Steinbrück, vom Alter her trennt Sie Beide ungefähr eine Generation. Wie haben Sie sich eigentlich kennen und schätzen gelernt?“
Zuschauer, die bei dieser Gesprächseröffnung bereits erste Zweifel an der Tragfähigkeit des Titels der Sendung „Klartext in der Krise – Helmut Schmidt und Peer Steinbrück zu Gast bei Günter Jauch“ bekamen, wurden in Ihrer Erwartung leider nicht enttäuscht.

Zwar bemängelte Schmidt die fehlende Handlungsfähigkeit der politischen Organe und wünschte sich „ein bisschen mehr an wirtschaftlichem Sachverstand“ für alle politischen Parteien, und Steinbrück verneinte Zweifel am System der sozialen Marktwirtschaft mit gleichzeitigem Hinweis auf die gesellschaftliche Krise hinter der wirtschaftlichen. „Viele Menschen merken, der Politiker ist der Getriebene. Er erscheint als jemand, der erpressbar ist von den Märkten“ und „Viele Banken gehen hochgradige Risiken ein, aber es haftet anschließend die Steuergemeinschaft.“

Nachdem Steinbrück die Sendezeit auch dazu genutzt hatte, zu erläutern, warum die von der SPD eingeführte Deregulierung der Finanzmärkte nicht der SPD anzulasten sei und warum er in seiner Zeit als Finanzminister keine wirksamen Leitplanken gegen ausufernde Spekulationrn setzen konnte und Helmut Schmidt ordentlich geraucht hatte, war es nach 44 Minuten und 37 Sekunden endlich so weit: Günter Jauch nahm das Buch „Zug um Zug“ der beiden Schachfreunde zur Hand.

Damit was es vollbracht, aus Klartext  in der Krise war eine der aus vielen Talkshows gewohnten Verkaufsveranstaltungen für den deutschen Buchhandel geworden.

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