„Keine Auskunft für Journalisten. Je unangenehmer die Fragen, desto lieber machen Bundesbehörden dicht. Die SPD wollte das ändern. Im Wahlkampf hat sie vollmundig das sogenannte Presseauskunftsrecht versprochen. Es gab sogar schon einen fertigen Gesetzentwurf, doch nach den Koalitionsverhandlungen wurde der kassiert. Bundesbehörden dürfen weiter ganz legal mauern.“
Mit dieser Einleitung beginnt das Medienmagazin ZAPP des NDR vom 7. Mai 2014.
Und berichtet dann vom erstaunlichen Desinteresse deutscher Journalisten bei der Unterstützung einer Initiative ihres Berufskollegen Helmut Lorscheid. Dieser hatte am 16.12.2013 eine online-Petition beim Deutschen Bundestag eingreicht und diesen aufgefordert „unverzüglich ein Presseauskunftsgesetz zu beschließen.“
Damit das Anliegen einer Petition vom Petenten öffentlichkeitswirksam im Bundestag vertreten werden kann, bedarf es 50.000 Unterschriften. Unterzeichnet wurde die Petition von 2424 Personen. Dabei gibt es in Deutschland ca. 85.000 Journalisten (freie und festangestellte).Wie kommt es, dass ein so essentielles Thema bei den direkt Betroffenen auf ein so geringes Interesse trifft? Das Verlangen nach besserem Informationszugang, was in vielen Ländern mit Lebensgefahr für die fordernden Journalisten verbunden ist, wäre in Deutschland mit einer simplen Unterschrift unterstützt gewesen. Aber: Fehlanzeige.
Einige – leider eher deprimierende – Gründe für die „journalistische Enthaltsamkeit“ liefert ZAPP auch. Gründe die nicht eben für ein ausgeprägtes Problembewußtsein bei den Vertretern unserer „Vierten Gewalt“ sprechen:
So z.B. Cornelia Haß, Bundesgeschäftsführerin des DJV:
„Wir haben parallel dann in einer Tarifauseinandersetzung für die Tageszeitungsredaktionen gestanden, die sehr viele Kräfte gebunden haben und auch das Interesse unserer Mitglieder dann in eine andere Richtung gelenkt haben, da gings dann um ihren Geldbeutel sozusagen. Und irgendwann wird es dann schwierig so viele, sehr komplexe und Themen mit der gleichen Energie zu bewegen.“
Einen etwas anderen, nicht weniger traurigen Grund für das journalistische Desinteresse nennt der Petent selbst:
„Die Tatsache, dass so wenig Journalisten die Petition unterschrieben haben, liegt glaube ich weniger daran, dass sie nicht darüber wußten, als vielmehr daran, dass im Lande nicht mehr allzuviel recherchiert wird.“
Zwar sind sich alle darüber einig, dass es nicht angehen kann, dass Bundesbehörden jegliche Auskunft verweigern können. Allein, es fehlt der gemeinsame Wille das zu ändern.
Petra Sorge, Medienjournalisten „Cicero“ bringt es auf den Punkt:
„Da sehe ich natürlich auch die Journalistenverbände und die Verlegerverbände in der Pflicht. Dass man sich nur streitet über Tarife oder über das Urheberrecht, das ist fast ein bisschen armselig, denn es gibt auch wichtige Themen für die Pressefreiheit und den Medienstandort Deutschland zu klären.“
Zum Schluss noch eine kleine Erinnerung an das Wahlprogramm der SPD aus dem Jahr 2013. Dort heißt es auf Seite 97:
„Damit mehr Partizipation in politischen Prozessen erreicht werden kann, müssen Politik und Verwaltung transparenter werden. Transparenz bedeutet dabei nicht gläserne Politiker, sondern konsequente Öffentlichkeit bei all jenen Daten, Verträgen und Verfahren, an denen ein öffentliches Interesse besteht.
Wir setzen uns deshalb auch auf Bundesebene dafür ein, nach Hamburger Vorbild das Informationsfreiheits- um ein Transparenzgesetz zu erweitern. Ziel soll es sein, möglichst alle für die Öffentlichkeit relevanten Datenbestände, Statistiken, Dokumente und sonstige öffentlich finanzierte Werke frei im Internet zugänglich zu machen. Daneben wollen wir die Ministerien für mehr Bürgerbeteiligung an Gesetzentwürfen und anderen wichtigen Vorhaben öffnen.“
Zwei Zitate berühmter Deutscher zum Schluss:
Für die SPD und ihr Verhalten zum Thema:
„Was schert mich mein Geschwätz von gestern!“
(Wird Adenauer zugeschrieben, ist aber leider nicht verbrieft)
Für die Qualitätsjournalisten im Land:
„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“
Brecht Dreigroschenoper – bei 20:46
Damen und Herren Journalisten, das ist übrigens ok – weil wahr – aber dem entsprechend sollten die eigenen Moralansprüche der Branche an andere auch nicht zu hoch angesetzt werden.
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