Seit langem kämpfen Deutschlands Imker gegen Pestizide und Gentechnik. Wie wichtig dieser Kampf ist belegen die immer häufiger wiederkehrenden Meldungen vom großen Bienensterben. Und es wird immer deutlicher, dass die Massensterben nicht allein auf die Varroa-Milbe geschoben werden können.
Das Naturkostmagazin „Schrot & Korn“ veröffentlicht in seiner neuesten Ausgabe ein Interview mit Imker und Vorstand des Vereins Mellifera,Thomas Radetzki. „Für die Bienen vor Gericht“ mit dem Ziel mehr Schutz für Bienen und Honig zu erstreiten.
Wir veröffentlichen Auszüge aus dem Interview.
S&K:
Herr Radetzki, die Agrar-Industrie verlangt die Wiederzulassung der umstrittenen Pestizide Neonicotinoide. Droht hier eine neue Niederlage für die Imker, nachdem sie in Sachen Gentechnik gescheitert sind?
T.R.:
Bei den Neonicotinoiden droht ein neues Problem. Nicht richtig ist, dass wir im Fall der Gentechnik gescheitert sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat nichts Inhaltliches entschieden. Es ist davon ausgegangen, dass es den Fall, bei dem es um den Anbau von Gentech-Mais Mon810 ging, nicht mehr gibt, weil diese Sorte in Deutschland nicht mehr angebaut werden darf. Aber nun gibt es andere zugelassene oder vor der Zulassung stehende gentschnisch veränderte Pflanzen. Wir ziehen jetzt vors Bundesverfassungsgericht, um endlich einen Schutz der Bienen vor der Gentschnik zu bekommen. Wir halten diesen Weg für sehr aussichtreich.
Was wäre wenn es keine Bienen mehr gäbe?
Ohne Bienen müssten wir unter anderem auf wichtige Vitaminlieferanten wie Obst und Gemüse verzichten. 80 Prozent der Nutzpflanzen in Deutschland sind auf Bienenbestäubung angewiesen. Das sind nicht nur Obstbäume, sondern auch Feldfrüchte, Futterpflanzen, Ölfrüchte, Gewürzpflanzen und viele Wildpflanzen in Wald und Wiese. Wenn das Bienensterben voranschreitet, sind viele Tier- und Pflanzenarten in ihrer Existenz bedroht.
S&K:
Was wäre ein Erfolg für Sie?
T.R.:
Imker müssen einen Schutzanspruch vor Gentechnik erhalten. Kein Landwirt darf es sich künftig erlauben, um Bienenstöcke in einem Umkreis von fünf Kilometern gentechnisch veränderte Saaten auszubringen.
S&K:
Damit wäre Deutschland angesichts der 90000 Imker eine komplett gentechnikfreie Zone.
T.R.:
Ja, so sähe es aus.
S&K:
Im anderen Fall vor dem Europäischen Gerichtshof geht es um Pestizide, und zwar um Neonicotinoide. Was macht diese so gefährlich?
T.R.:
Neonicotinoide sind Nrevengifte, sie stören die Kommunikations- und Orientierungsfähigkeit der Bienen. Sogar die EFSA, die europäische Aufsichtsbehörde für Lebensmittelsicherheit, ist zu diesem Ergebnis gekommen.
S&K:
Die Hersteller der Neonicotionide sagen, die EFSA habe bei ihrer Empfehlung gegen diese Mittel falsche Daten zugrunde gelegt. Das Risiko für Bienen sei, so Syngenta, „extrem niedrig“.
Es folgen Ausführungen zu der von Syngenta gelieferten und lt. Radetzki unzureichenden und nicht belegten Begründung. Bei einem von Mellfera organisierten Symposium haben weder die Vertreter von BASF noch von Syngenta oder Bayer entsoprechende Daten liefern können.
Nun haben die Hersteller die EU-Kommission verklagt und wollen erreichen, dass die für zwei Jahre gesperrten Neonicotionide wieder zugelassen werden.
S&K:
Wie reagieren die Imker darauf?
T.R.:
Das „Bündnis für den Schutz der Bienen“ mischt sich in das Verfahren ein. Wir haben uns als Prozessbeteiligte gemeldet. So können wir verhindern, dass Industrie und EU sich außergerichtlich auf einen Kompromiss einigen.
S&K:
Was haben die Prozesse bisher gekostet?
T.R.:
In den letzten sechs Jahren haben wir 235.000 Euro für die Gentechnik-Verfahren ausgegeben. Der Kampf gegen Neonicotionide ist ein neuer Fall, für den wir dringend Geld brauchen. Ohne die Uterstützung vieler Menschen können wir die Arbeit zum Schutz der Bienen nicht leisten.
SPENDEN FÜR DIE BIENEN:
Dem von Mellifera organisierten „Bündis zum Schutz der Bienen“ gehören sieben Imker- und Ökoverbände an (www.mellifera.de/bienenschutz). Ein Spendenkonto besteht bei der GLS Bank, BIC: GENODEM1GLS, IBAN: DE75 4306 0967 5737 00
{ 0 Kommentare... }